Mit Charme und Pünktchen

Hausbesuch bei Nicole und Olli (Foto: Regina Katzer)

Zurück in die Zukunft, die wilden 50er sind zurück! Ich bin in dieser Woche mit Nicole und Olli verabredet, die mich zu einem Hausbesuch eingeladen haben. Die waschechten Leipziger hat es im Herbst 2016 in den Norden der Pleißestadt verschlagen. Der 38-Jährige ist in Leipzig-Gohlis groß geworden, seine fünf Jahre jüngere Partnerin hat jahrelang im Waldstraßenviertel unterm Dach gewohnt.

Home Sweet Home

Bevor ich einen Rundgang durch die Drei-Zimmer-Wohnung unternehme, werde ich von zwei Russisch-Blau-Katzen in Augenschein genommen. Die 83 Quadratmeter im 1920 gebauten Haus haben sich die beiden ganz zauberhaft eingerichtet. Schon im Flur weht ein Hauch von Retro, Vintage und Shabby Chic. Passend zu den schönen alten Zimmertüren steht hier eine blaue Garderobe, auf der die Bürokauffrau auch ihre Sonnenbrillen drapiert hat. Das Pärchen findet die Möbelstücke meist im Internet beim bekannten Auktionshaus, auf Haushaltsauflösungen, wo der Verkauf meist schnell und günstig abgewickelt wird, oder auf dem Flohmarkt. „Du brauchst halt einen Blick, um solche Perlen zu finden“, erzählt Nicole über ihre Leidenschaft zum typischen Style der Fifties.

Blick ins Schlafzimmer

Eine der aktuellen Trendfarbe entdecke ich im Retro-Schlafzimmer. Die grünen wuchtigen Schränke eines ostwestfälischen Möbelwerkes, die aus den 1930er-Jahren stammen, haben die beiden im Internet gefunden und von Halle nach Leipzig transportiert. Die Deckenlampe aus den 1950ern war ein Spontankauf, erinnert sich die Hausherrin, die ein rot-weißes Kopftuch trägt.

Rot-weiß macht happy

Auch die amerikanisch angehauchte Küche hat ihren ganz eigenen Charme – in der Ess-Nische mit kleinem Fenster prangt der Schriftzug DINER an der rot-weiß-gestreiften Wand. Passend dazu sind die Stühle mit rot-weißem Kunstleder bezogen, über dem großen Alu-Tisch hängt eine Schallplatten-Uhr an der Wand. Der Einbauküche – von den Vormietern übernommen – wurden farbige Schubladen-Knäufe verpasst und die Waschmaschine mit roter Lackfarbe überzogen, damit sie sich besser ins Gesamtbild einfügt. „Das einzig wirklich Moderne in unserer Wohnung ist die Abzugshaube“, so Olli. Dass die beiden ihr Zuhause lieben und vier Wände zum Austoben gefunden haben, ist in vielen Details zu erleben.

American Style in 360 Grad

Vor Anker gehen

Auf zehn Quadratmetern hat der gelernte Autolackierer sein Arbeitszimmer eingerichtet. Hier pimpt er seine Turnschuhe mit Farbe auf, aber auch der Küchenlampe hat er einen neuen Schliff verpasst. Ollis Lieblingsmusik der britischen Synthie-Pop-Giganten „Depeche Mode“ tönt übrigens aus dem Wohnzimmer, das im zeitgenössischem Design erstrahlt. Hier finden sich nur wenige 50er-Jahre Akzente in Form von Pin-ups. Auf der gemütlichen Couch werfen die zwei Verliebten ihren Anker aus, genießen die freie Zeit gemeinsam mit den Samtpfoten Bud und Spencer, ihren tierischen Mitbewohnern. „Wir waren schon bei der ersten Wohnungsbesichtigung hin und weg. Sind reingekommen und haben uns wohlgefühlt“, sind sich die beiden einig.

6 Gedanken zu „Mit Charme und Pünktchen“

  1. In meinem Freundekreis gibt es ein paar Rockabillies, daher kenne ich diese Art der Wohnungsgestaltung sehr gut. Hier wurden zwar einige Jahrzehnte zusammengewürfelt aber solche Einrichtungsprojekte sind ja ein stetiger Prozess des Austauschs. Regelmäßige Flohmarktbesuche eleminieren langfristig alle IKEA-Altlasten. Ich halte das ähnlich. Alte 50er Kommoden, die man bei ebay-Kleinanzeigen oft geschenkt bekommt, überzupinseln ist eine tolle Sache, neue Vollholzmöbel sind schließlich unbezahlbar und oft zu xwenig individuell. (Die grüne Farbe ist natürlich Geschmackssache – meine 60er Kommoden sind da etwas dezenter bemalt. 🙂 ) Ich mag besonders den Beistelltisch neben dem Sessel, besonders in Kombi mit einer unverspielten Edelstahllampe darauf. Überhaupt würde ich die alten Stücke mehr mit sehr hochwertigen neuen Elementen kombinieren. Die mintfarbene Minikommode neben dem Bett ist wirklich cool, da würde ich was modernes draufpacken. Eine alte 50er Kommode mit einer biederen Nachttischlampe aus der Zeit ist zwar authentisch aber irgendwie too much Oma-Zeitkapsel. In die Küche muss noch der obligatorische schwarz/weiß-karierte Boden 🙂 Ich finde gut, dass ein Zimmer „normal“ gehalten wurde, man kann ja nicht den ganzen Tag in der Subkultur abhängen.

    PS: Die Couch hat die gleiche Farbe wie meine, sieht aber wesentlich gemütlicher aus, als mein „function follows form“ Retrosofa. Wo habt Ihr die her?

  2. Hallo Einrichtungsfreund 😉

    Danke für deinen ausführlichen Kommentar! Du hast vollkommen recht, nach und nach ersetzen oder ergänzen sich einzelne Möbelstück oder auch Gegenstände, wie zum Beispiel die angesprochene biedere Nachttischlampe. 😉 Ursprünglich war unser Schlafzimmer anders geplant und entsprechend haben diese Lampen (im Flur steht Part 2) ganz gut gepasst.
    Die Minikommode neben dem Bett ist zumindest die Farbe, die beim Kauf drauf war. Sie war entsetzlich verschmutzt und leider ist auch die Glasabdeckung nur noch Stückweise im Original vorhanden. Aber ihren Charme verlieren diese Möbel dennoch nicht, vermutlich halten Sie noch 2 weitere Leben nach mir durch.
    Wie Regina ganz richtig geschrieben hat, sind wir vor 6 Monaten ca. erst eingezogen und entwickeln unseren Wohntraum stetig weiter. Wer weiß, vielleicht gibt´s in 2 Jahren erneute Bilder 😉

    Wir haben übrigens nur den Esstisch im Wohnzimmer selbst bepinselt, alles andere ist entweder vom (Vor)Vorgänger übernommen oder benötigt einfach einen neuen Anstrich. Kommt Zeit, kommt Frühling, kommt Elan…

    Zur Küche und dem obligatorischen Schwarz-Weiß-Boden:
    Ich wünsche mir diesen sehr! Allerdings gestaltet es sich schwierig, da wir uns ja immerhin noch in einer Mietwohnung befinden. PVC auf Fliesen sieht nicht lange gut aus, da sich sie Fugen durchdrücken. Man könnte die Fliesen bemalen, allerdings bin ich mir sicher, dass der Vermieter damit nicht einverstanden ist. Die Frage ist auch, ob sich der Anstrich durch Fliesenfarbe hält, da unsere 2 Stubentiger gern mal ihren Rappel bekommen und mit ausgefahrenen Krallen losdüsen.

    PS: Unsere Couch ist von einem bekannten Versandhaus mit 4 Buchstaben. Allerdings wenig empfehlenswert, wenn ich ehrlich bin. In der Mitte befinden sich Holzleisten, die sehr weh tun, wenn man sich doch mal „fallen lässt“…

  3. Was für eine heiter-beswingte Atmosphäre :))))
    Die Fotos bringen Licht ins trübe Wetter. Danke, Regina.
    They made my day.
    Dem bezaubernden Paar herzliche Wünsche für ein langes verliebtes Leben.

  4. Wie unterschiedlich die Meinungen doch sein können. Mir gefällt die Wohnung ebenfalls sehr, ich bin jedoch nicht der Meinung, dass man unbedingt moderne Geräte/Accessoires mit den 50er Möbeln kombinieren sollte. Eher im Gegenteil. Des Weiteren finde ich es immer schade, wenn originale alte Möbel überpinselt werden. Ich hab in den Kleinanzeigen oft wirklich schön alte Schränke gefunden, welche mit weißer Farbe getreu dem modernen „Shabby Chic“ aus meiner Sicht komplett verschandelt wurden. Ich habe mich bemüht, die auf Flohmärkten und in Kleinanzeigen gefundenen alten Schätzchen so original wie möglich zu belassen. Also je nach Zustand abgeschliffen und mit neutraler oder etwas abdunkelnder Beize behandelt. Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten, dennoch finde ich, wenn man schon Originale aus längst vergangenen Zeiten ersteht, sollten sie auch so original wie möglich bleiben. Sonst kann man sich auch einen schnöden Retro-Nachbau besorgen. Aber das ist nur meine Meinung.
    Alles in allem finde ich die Wohnung wahnsinnig gemütlich, sie hat Charme und lässt Persönlichkeit durchblicken. Keine 08/15-Einrichtung, wie sie uns hier schon oft präsentiert wurde.

  5. Diese Wohnung hat ein ganz eigenes Flair und wirkt auf mich total gemütlich. Hier ist nichts gestellt, sondern das Leben in diesem Haus festgehalten, wie es stattfindet. Hier liegt auch mal ein Kissen herum und die Kaffeetasse steht auf dem Tisch. Nicole und Olli haben guten Geschmack in Bezug auf ihre Einrichtung, die beiden Stubentiger passen hier gut dazu – die Wohnung lebt! 50er-Jahre-Stil finde ich toll, auch das Aufpeppen alter Möbel finde ich gut. nicht alles kann man so lassen, wie man es erstanden hat. Kompliment an Nicole und Olli!

  6. @Nicole: Mist. Man muss eben doch etwas mehr Geld ausgeben für eine brauchbare, schöne (retro/Schwedendesign) Couch, die nicht von IKEA kommt. Sparschwein eröffnen.

    @Nessy: Hochwertige Stücke würde auch ich nie überpinseln. Aber gerade Möbel aus den 30er – 50ern, die man „hinterhergeworfen“ bekommt, sind oft sehr wuchtig, und dunkel gebeizt, da sehe ich eher das Material und nicht das Design. Einen Nachttisch-Klotz dieser Art für einen 10er von der AGRA überstreiche ich ohne schlechtes Gewissen. (Aber nicht im Shabby Chic, so viel Respekt habe ich dann doch vor dem Möbelstück.) Wenn ich mal etwas bezahlbares, filigranes, helles aus den 60ern erwische, entferne ich eher die Farbe und arbeite die Holzmaserung heraus. Bei mir kommt trotzdem was Modernes drauf. 🙂

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