Mann mit Schal und Hut

Begegnet bin ich Ulrich Forchner schon häufig auf Veranstaltungen, bei denen er meist als Zeichner die Gäste porträtierte. Heute besuche ich den 69-Jährigen in seiner 73 Quadratmeter großen Wohnung in Leipzig-Gohlis, die er mit seiner Ehefrau Conny teilt. Und heute ist – wie so oft – auch Adam, der knapp fünfjährige Enkel, zu Gast.

Das Ehepaar wohnt seit zwölf Jahren in dem altehrwürdigen Wohnhaus, das 1881 gebaut wurde. „Willkommen in meinem Domizil, wo ich wohne und arbeite“, begrüßt mich der Hausherr ganz freundlich mit Schal und Hut, die seine Markenzeichen sind.

Auf Reisen

1949 in Gera geboren, folgte eine Lehrzeit als Landschaftsgestalter in Leipzig. Später holte er sein Abitur an der Abendschule nach. Anfang der 1970er-Jahre zog es den jungen Forchner an die Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig (HGB), an der er Angewandte Grafik und Buchgestaltung studierte. Eine Reise mit dem Maler und Grafiker Werner Tübke nach Usbekistan im Februar 1975 bleibt unvergessen: „Wir malten Bilder, zeichneten und fotografierten als Vorbereitung aufs Diplom. Das war mein Einstieg in die Welt des Orients“, resümiert Forchner, der auf Erinnerungen an Reisen in über 40 Länder – festgehalten in unzähligen Skizzenbüchern – zurückblickt. Sein jüngstes Abenteuer führte ihn im September nach Namibia, wo er 19 Tage lang Tiere, Landschaften und Szenen zeichnete. Die Arbeiten sind in einer Doppelausstellung „On Tour zum 70.“ zusammen mit Werner David ab 16. November im sächsischen Lunzenau in der Kneipe „Zum Prellbock“ zu erleben.

Es lebe die Bambina

Forchner ist seit den Siebzigerjahren freischaffend tätig: „Ich habe 1978 die Verpackung der Bambina-Schokolade gestaltet – damals waren noch zwei Kühe und das kleine Mädchen Bambina zu sehen“, plaudert der Künstler. „Die Gebrauchsgrafik war mein Rückgrat, damit habe ich Geld verdient. Die Karikatur diente dem Image“, erklärt er. Noch während seiner HGB-Zeit illustrierte er Bücher, darunter auch eines von Erich Loest, erzählt er weiter.

Maler und Karikaturist

Es folgten Ausstellungen und Preise wie 1980 ein „Silberner Hut“ bei der Welt-Cartoonale in Belgien und 1988 eine „Goldene Plakette“ beim Anti-War-Salon in Jugoslawien. Im selben Jahr inszenierte er eine Ausstellung, die er als Chance nutzte, in den Westen zu flüchten. Für fünf Jahre wurden München und der Schliersee in den bayerischen Alpen seine Heimat. Dann kehrte der gebürtige Thüringer zurück nach Leipzig. Mittlerweile gibt’s sogar einen Familienverband um die Ecke. „Mein Enkelsohn zeichnet schon wie verrückt, ist musikalisch und total aufgeweckt“, schwärmt der Opa. Gemeinsam streifen die beiden oft durchs Museum oder verkriechen sich im Atelier, in dem auf nur wenigen Quadratmetern jede Menge los ist.

Italienische Diva im Zoo

An der Fülle seiner Kunstwerke ist unschwer zu erkennen, dass Forchners Motor wie geschmiert läuft. In den vergangenen 15 Jahren hat der Zeichner circa 16.000 Menschen porträtiert – einschließlich unserer Bundeskanzlerin, die er auf der Neuen Messe traf. Am meisten hat ihm aber die italienische Schauspielerin Gina Lollobrigida imponiert, die er beim LVZ-Zoo-Rendezvous in den 1990er-Jahren traf und malen durfte.

Wer lacht, der lebt

Apropos Karikatur: Anlässlich der 29. Leipziger Lachmesse darf noch bis Sonntag offiziell und ausgiebig gekichert und gescherzt werden. Der Comiczeichner Forchner, der seit über 20 Jahren für den „SachsenSonntag“ arbeitet, gibt in dieser Woche den sogenannten „FKK“, Forchners Karikatur Kommentar, rund um die Lachmesse zum Besten. Einfach mal reinschauen.

2 Gedanken zu „Mann mit Schal und Hut“

  1. Die gute alte Bambina. Esse ich heute noch gerne. Gibt’s jetzt auch in Zartbitter. Das Design von damals gefällt mir wesentlich besser als das von heute.

  2. Uli Forchner, ein toller Mensch …ein hervorragender Künstler und ein guter Freund. Eine gemütliche ,kreative Wohnung.
    Eine Wohnung spiegelt das Wesen eines Menschen wieder.
    Uli dir alles gute.
    LG. Gerd NEUMANN

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