An einem Sommerabend im Juli saßen wir bei einer gemeinsamen Freundin und unseren Kindern unterm Kastanienbaum – nun besuche ich Nikos Psarros in seinen vier Wänden im Leipziger Zentrum-Süd. Hier gibt es stapelweise Bücher, schöne Kunst und alte Geschichten zu bestaunen und zu erleben.
Studium in Deutschland
Jahrelang sei er an dem historischen Prachtbau vorbeigelaufen und habe davon geträumt, hier einmal zu wohnen, erzählt der gebürtige Grieche. Der heute 61-Jährige ist Vater zweier Kinder (32, 29) und kam 1977 zum Studium nach Deutschland. Er lebte in Würzburg und Marburg, machte seinen Doktor der Chemie und habilitierte zum außerplanmäßigen Professor der Philosophie an der Universität Leipzig. „Dass ich in Leipzig geblieben bin, war so nicht geplant – ich wollte eigentlich nach ein paar Jahren zurück, fand aber 2004 eine Stelle und richtete mich ein.“ Seitdem ist die Messestadt sein Lebensmittelpunkt, aber alle zwei Wochen zieht es den Familienvater nach Gießen, wo seine Frau Lisa im gemeinsamen Haus lebt.
Wahl-Heimat Leipzig
Seine Wohnung im Musikviertel misst knapp 80 Quadratmeter, hat drei Zimmer und eine Mini-Küche hinter Glas. Die Loggia öffnet sein geräumiges Arbeitszimmer zur Straße mit den großen Platanen vorm Haus. Der große Fleck im Wohnzimmer zwischen den Fenstern ist schnell erklärt: Ein Feuer hat einen Bilderrahmen beschädigt und die Wand in Mitleidenschaft gezogen. „Das was jetzt zu sehen ist, entstand beim Putzen – könnte auch ein Feininger sein“, lacht Nikos verschmitzt.
Der Flur ist zur Galerie geworden, sagt Nikos und zeigt mir seine Schätze, die er seit seiner Studienzeit gesammelt hat – neben einem Gemälde aus der Chagall-Werkstatt und Ikonen-Malerei hängt auch eine Aquarell der Leipziger Malerin Britta Schulze, unserer gemeinsamen Bekannten. Als Ausgleich zur wissenschaftlichen Arbeit steht Nikos zudem selbst gerne an der Staffelei und liebt es, mit Farben und Formen kreativ zu sein. Seiner französischen Lieblingsphilosophin Simone Weil (1909 – 1943) hat er ein Porträt gewidmet, das seine Gäste im Eingangsbereich begrüßt.
Trödel und Design
Als der Hausherr die Wohnung im historischen Ambiente bezog, trennte er sich von seinen früheren Ikea-Möbeln und richtete sich mit Interieur aus den 1920er-Jahren vom Trödler ein. Einige Stehlampen sind selbst designt und gebaut, alte Sitzmöbel wurden neu bezogen und der Teppich im Wohnzimmer stammt aus dem Familienbesitz. „Den hat meine Ur-Großmutter eigenhändig geknüpft“, plaudert Nikos. An der Wand steht eine schmale Glasvitrine mit seinem Lieblingsgeschirr. Das Service stammt vom Designer Maarten Baas, geboren 1978 in Deutschland, der jetzt in den Niederlanden arbeitet. Die Teller und Tassen kommen auch auf den Tisch, wenn er seine internationalen Freunde zum Essen empfängt – der griechische Feinschmecker kocht gerne und liebt es, Gastgeber zu sein.
Mach’s gut, Miaulis
Bis vor Kurzem schnurrte noch Kater Miaulis durchs Haus, der mit 15 Jahren eingeschläfert werden musste. Seinen Namen hatte das Fellkind mit der kleinen Verletzung an der Lippe von einem großen griechischen Freiheitshelden. „Die ganze Familie liebt Katzen. Als Kind habe ich streunende Tiere mit nach Hause genommen“, berichtet Nikos.
Wenn er in fünf Jahren in Rente geht, verlässt er seine sächsische Wahl-Heimat in Richtung Hessen. „Da ich dann öfter nach Athen reisen möchte, ist das Rhein-Main-Gebiet und der internationale Frankfurter Flughafen eine gute Wahl“, meint er. Bis dahin genießt er sein Professoren-Leben, steigt für Radtouren auf seinen Drahtesel und erkundet das Neuseenland.