Wohnen am Wasser

Wie oft habe ich schon die Könneritzbrücke über die Weiße Elster überquert, die die beiden Leipziger Stadtteile Plagwitz und Schleußig miteinander verbindet, frage ich mich. Jedes Mal bin ich fasziniert von der gigantischen Stahlkonstruktion dieses technischen Denkmals und den einstigen Fabrikgebäuden, die jetzt als Wohnhäuser genutzt werden. Mein heutiger Hausbesuch führt mich in eine Maisonette-Wohnung mit Dachterrasse und Panoramablick aufs Wasser, auf Industriebauten und schicke Lofts.

Meine Gastgeberin ist Ute Stephan, die vor sieben Jahren mit ihrem Partner nach Leipzig kam. Zuerst wohnte das Paar in einer möblierten Wohnung in Gohlis, um in Ruhe und mit Bedacht den Stadtteil zu finden, der für sie lebenswert sei. „Spüren, da sein, ankommen“ ist ein Lebensmotto der 53-Jährigen. Plagwitz kristallisierte sich schließlich als neues Zuhause heraus, also zogen sie in eine Wohnung am Karl-Heine-Kanal.

Aufgrund eines Wasserschadens packten sie jedoch nach drei Jahren wieder ihre Siebensachen und suchten eine neue Bleibe im Viertel. Die fanden sie ums Eck und blieben dem Wasser treu. Das ist mittlerweile doppeldeutig, denn auch im neuen Heim kämpfen sie derzeit mit einem Wasserschaden, weshalb es momentan auch keine richtige Küche gibt. Die beiden nennen es „Indoorcamping“. Humor haben sie jedenfalls. Ihr minimalistisch eingerichtetes Wohnzimmer mit dem Riesen-Elefantenohr im Pflanztopf lieben beide – auch wegen des Ausblicks auf die Könneritzbrücke.

Unterm Dach in Plagwitz

Mode, Farben und Formen

Die Bewohnerin stammt aus einer alten thüringischen Schneiderfamilie und hat das Handwerk von der Pike auf gelernt. Im Alter von zwölf Jahren stand sie schon als Mannequin auf dem Laufsteg für den Verlag für die Frau, dem einzigen Mode- und Ratgeberverlag der DDR. Nach ihrer Schneiderausbildung mit Abitur studierte sie Kunst, Germanistik und Pädagogik in Erfurt und strebte eine akademische Laufbahn an. „Aber ein Mal Fusselfransen, immer Fusselfransen“, sagt sie schmunzelnd. Sie gründete ein Modelabel und baute eine eigene Produktion auf. Irgendwann verließ die Geschäftsfrau und Mutter zweier erwachsener Söhne die Kraft – sie wusste, sie muss etwas Gutes für sich tun. Und wenn sie etwas anpackt, dann richtig.

Namaste

Yoga wird ihre neue Energiequelle: Sie schaute sich Schulen an und fand in Jena einen vertrauensvollen Lehrer, bei dem sie 2015 eine vierjährige Yogalehrer-Ausbildung beendete. „Ich habe das Schüler-Yoga an die Leipziger Schulen gebracht – ins Schiller, das Gymnasium Engelsdorf, ins Reclam und an die Thomasschule“, erzählt sie mit stolzer Stimme. Sie tingelte durch verschiedene Studios und Physiotherapie-Praxen, aber ein eigenes Yoga-Studio zu betreiben, blieb immer ein langersehnter Traum, der sich jetzt erfüllt.

Ankommen und wohlfühlen

„Unser Küchentisch war die Zentrale in den letzten Wochen“, plaudert die Yogalehrerin kurz vor der Eröffnung ihrer neuen Räume am Sonnabend im Haus mit der „Weißen Dame“ in der Zschocherschen Straße. Die bekannte Persil-Frau, die seit 1936 die Giebelwand schmückt, war ihr schon in der vorherigen Wohnung am Kanal aufgefallen. Eine schöne Fügung, dass sie nunmehr in der ersten Etage des altehrwürdigen Hauses ihr Yoga-Konzept umsetzen darf. Formen, Farben und die Gestaltung der Yoga- und Pilatesräume waren nicht nur für sie eine Herausforderung, sondern auch für die Bauarbeiter. „Ich wollte keine glatt verputzten Wände – alles sollte organisch sein“, sagt sie und hat dabei jedes Detail im Blick. Ein Hingucker sind die italienischen Lampen an der Wand und die linienförmigen Leuchten, die sich an den Decken schlängeln. Und der Holzfußboden sorgt ebenso wie die Fußbodenheizung für ein Wohlgefühl im Studio.

„Die weiße Dame“

4 Gedanken zu „Wohnen am Wasser“

  1. Die Wohnung sieht toll aus, aber die Kekse bleiben auch auf edlem Schiefergeschirr Billigkekse…

  2. Das Yoga-Studio spricht mich sehr an…geschmackvoll unfertig…mit Stil. Sehr schön. Dem kann der vermeintliche Loft-Wohn-Traum m.M.n. nicht das Wasser reichen…aber ein jeder nach seiner Fasson. Eine traumhafte Aussicht haben sicherliche beide. Alles Gute weiterhin.

  3. Ein traumhaft schönes Yogastudio! Die wohlige Atmosphäre strahlt mich hier sofort an. Da will ich hin !

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