Im heutigen LVZ-Wohnblog-Spezial begleiten wir den Hobbyhistoriker Manfred Wilde auf einem Streifzug durch seinen Stadtteil Wahren. Der Rentner steht auf der Georg-Schumann-Straße in Leipzig-Wahren und redet wie ein Wasserfall. „Ich könnte Ihnen hier an jeder Ecke so viel erzählen“, sagt er und schmunzelt. Verwunderlich ist das nicht. Immerhin ist der Leipziger mit seinen 70 Jahren ein echter Ureinwohner des Stadtteils. „Das Heimatgefühl ist angeboren“, erklärt er. Seine Großeltern und seine Eltern stammen aus dem Viertel, hier wurde er getauft, eingeschult, konfirmiert – und verbringt nun einen ruhigen Lebensabend in Wahren.
Ein Spaziergang durch das Quartier ist deshalb auch eine Zeitreise. Der erste Ort, zu dem er führt, ist unscheinbar. Das Birkenschlösschen, einst Restaurant und Tanzlokal, ist heute eine Brachfläche, auf der Gestrüpp wuchert. Seine Eltern verkehrten hier des Öfteren, berichtet Wilde. Er selbst betrat ab und an die angegliederte Stehbierhalle. „Die wurde hauptsächlich von sozialdemokratisch gesinnten Leuten besucht“, erinnert er sich – und diente zu DDR-Zeiten als Wahllokal. 1998 brannte es in dem inzwischen baufällig gewordenen Gebäude. „Ich konnte von meinem Haus aus die Qualmwolke sehen“, berichtet der Senior, ehe er zügig weiterläuft und auf den Boden deutet.
Der Wahrener wuchs er im Schatten des Viadukts auf, jener wichtigen Bahnstrecke, die bis heute Leutzsch und Wiederitzsch verbindet. Seine Erinnerung: „Bei uns haben manchmal die Gläser im Schrank gewackelt, wenn eine russische Diesellok vorbei gefahren ist.“ Bevor die Trasse 1905 eingeweiht wurde, musste ein Haus der Bahn weichen, das Viadukt wurde zwischen den Nummern 79 und 81 eingeklemmt. „Sowas würde man heute nicht mehr genehmigen“, ist sich Wilde sicher, selbst ehemaliger Bauingenieur mit Schwerpunkt Brückenbau. Nach der Wiedervereinigung sanierte die Stadt die Brücke – das endgültige Aus für die geschichtsträchtige Losung.
(Auszug aus „Kindheit im Schatten des Viadukts“ von Gina Apitz, LVZ sonntag)
langweilig
Historisches ist immer interessant
Dankeschön, diese Erinnerungen sind es wert den Nachkommen zu vermitteln.
Das erinnert mich an meine liebe Mutter, welche immer vom Lunapark erzählt und davon geschwärmt hatte.
Das waren noch die guten, alten Zeiten!
Dankeschön Herr Wilde