Wenn Träume wahr werden

Für ihr jüngstes Projekt reiste Michaela Weber ins Land der aufgehenden Sonne ans andere Ende der Welt, nun treffe ich die Leipzigerin in ihrer Zwei-Zimmer-Wohnung im Stadtteil Wahren. „Diese ist mir Arbeits- und Wohnraum zugleich. Ich mag es offen und klar und will mich nicht mit Möbeln einengen“, sagt die Fotografin und Grafikdesignerin mit Blick auf die kleinen, feinen Details in ihrem 45 Quadratmeter Refugium in einem Haus, das Ende der 1930er-Jahre gebaut wurde.

Kindheit

Die echte Leipzigerin, die im Stadtteil Reudnitz aufgewachsen ist, erinnert sich an einige Umzüge mit ihren Eltern innerhalb der Pleißestadt. Das schönste Zuhause sei die ehemalige Musikschule „Ottmar Gerster“ gewesen. Da lebte das Hausmeister-Ehepaar mit seinen Kindern in der oberen Etage auf sagenhaften über 100 Quadratmetern – mit Park, Schule und Innenstadt vor der Haustür.

Ausbildung und Studium

Nach dem Abitur lernt Michaela von 1997 bis 2000 das Fotografenhandwerk in Rötha, und hüpfte anschließend als Pressefotografin ins kalte Wasser, wie sie sagt. Erste Erfahrungen für ihr Kommunikationsdesign-Studium sammelte sie in einer Leipziger Agentur. Mit einer reinen Fotomappe bewarb sie sich schließlich an der Burg Giebichenstein in Halle und wurde im ersten Anlauf angenommen.

Leben als Freiberuflerin

Mit dem Diplom in der Tasche ist die Grafikdesignerin und Fotografin seit dem 1. Januar 2001 als Freiberuflerin unterwegs. Aus Studienzeiten stammen die Apothekerkommode, die den Arbeits- und Wohnbereich von der kleinen Küche trennt, aber auch die Staffelei, die sie für Naturstudien nutzte. Ihre Wohnung hat sie mit Kalligrafien und Bildern, Tuschezeichnungen und persönlichen Geschenken von Freunden geschmückt. Und im Schlafzimmerregal stehen circa 100 selbst gestaltete Bücher der kreativen Leipzigerin.

Projekte

Ihre Liebe zu Nihon-koku, wie Japan in der Landessprache heißt, spiegelt sich anschaulich in ihrem neuesten Foto-Essay „Japanbilder“ wider, das gerade im Cass Verlag erschienen ist. Als kleines Mädchen träumte Michaela von der Mondscheinprinzessin, und mit Sailor-Moon-Comics erlebte sie spannende Abenteuer – da war das ostasiatische Land noch in weiter Ferne. Mit ihren Projekten, einer zweieinhalb-monatigen Israel-Fotoreise (2011/12), wo sie in einer Künstlerresidenz lebte, und dem vierwöchigen Japan-Aufenthalt (2018), erfüllte sie sich ein paar ihrer Träume, verlässt das Gewohnte, um Neues und Anderes zu sehen und zu dokumentieren. „Meine Bilder sind nicht hochgezogen. Ich liebe reale, ehrliche Fotos.“

Japan-Liebe

Auf der Leipziger Buchmesse 2017 hatte die Künstlerin das Glück, auf einen Verlag und seine Japanologen zu treffen, die von ihrer Idee, abseits der touristischen Highlights fotografische Momente festzuhalten, begeistert waren. Über die deutsch-japanische Gesellschaft Halle/Saalekreis fand sie Gastfamilien in Tokyo, Fujisawa, Kamakura, Enoshima, Kyoto, Inuyama, Osaka, Nara und Miyajima. Nur in Hiroshima wohnte sie in einem Businesshotel – allerdings mit sensationellem Panorama. Tagsüber zog sie durch die Straßen und beobachtete den Alltag der Menschen, besuchte Tempel und Schreine, wo sie auch zufällig stille Beobachterin einer traditionellen Hochzeitszeremonie wurde. Abends schrieb sie ihre Eindrücke ins Notizbuch oder fand in ihren Gastgebern wunderbare Gesprächspartner.
Beim Erzählen leuchten ihre Augen: „Anfänglich brauchten die Familien etwas Zeit, um aufzutauen, am Ende wollten sie mich nicht mehr gehen lassen.“ Mit 4000 Bildern auf der Kamera kehrte sie nach Deutschland zurück. „Innere Ruhe für meinen Text fand ich vergangenen Sommer bei einem Freund im Muldental. Da konnte ich konzentriert arbeiten und recherchieren“, erinnert sie sich.

Ausstellung

Ab Samstag sind die „Japanbilder“ von Michaela Weber in einer Wanderausstellung bis 26. April im Kunstverein Hofatelier in Weimar-Niedergrunstedt zu erleben. Zur Vernissage am 7. März, 15 Uhr, spielt Gustavo Eda, ein Brasilianer mit japanischen Wurzeln, auf seinem Zupfinstrument, einer Shamisen.

Leipzig liest 2020

Wer die Künstlerin live in Leipzig erleben möchte, der ist am 12. März herzlich zur Veranstaltung „Leipzig liest – Michaela Weber: Das Ende der Exotik. Japanbilder“ in die Galerie BeuteltierArt, Könneritzstraße 24 in Leipzig-Schleußig eingeladen. Los geht’s 20 Uhr. Der Eintritt ist frei.

2 Gedanken zu „Wenn Träume wahr werden“

  1. Wunderbar reduziert und klar, trotzdem gemütlich und individuell mit den einigen wenigen, aber sehr schönen “Herzensstücken“.

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