Unterwegs im wilden Osten

Hausbesuch bei Familie Uhr in Anger-Crottendorf (Foto: Regina Katzer)

Vor ein paar Wochen flatterte mir eine E-Mail ins Haus – mit freundlichen Grüßen. Sylvia und Torsten Uhr aus dem Leipziger Osten hatten mich in ihre vier Wände eingeladen. Schon beim ersten Telefonat kamen wir ins Plaudern und der Termin zum Wohnungsbesuch im 1920er-Jahre-Bau mit Wintergarten war schnell gefunden.

Willkommen in Anger-Crottendorf

Als ich das Paar dann im vergangenen Monat im Leipziger Stadtteil Anger-Crottendorf besuchte, bäumte sich der März-Winter noch einmal so richtig auf. Froh, unbeschadet gelandet zu sein, wärmte ich mich als erstes in der Küche der 90 Quadratmeter großen Altbauwohnung bei einer Tasse Kaffee auf.

Vor drei Jahren kamen die beiden an die Pleiße, hinter ihnen lagen 25 gemeinsame Jahre in Oranienburg: Im Brandenburgischen hatten sie ihr Traumhaus mit einer hundertjährigen Geschichte gefunden und zogen dort auch ihren Sohn groß. Während die gebürtige Zittauerin im öffentlichen Dienst arbeitete und sich um die Familie kümmerte, zog es ihren Mann Torsten, der in ihrer Heimatstadt Maschinenbau studiert hatte, in die Ferne. Für die Spendenorganisation Care tourte der gebürtige Sachsen-Anhalter von Januar 1991 bis Juli 1992, meist sechs Wochen am Stück, als Leiter des humanitären Hilfskonvois für die ZDF-Stern-Aktion „Helft Rußland!“ in den Osten Europas.

Trucker Torsten erzählt

„Die Faszination Abenteuer hatte mich infiziert“, sinniert Trucker Torsten heute mit Blick auf seine ungewöhnliche Lebensgeschichte. Damals war der Deutsche dafür verantwortlich, dass Lebensmittelpakete, medizinische Grundversorgung und Ausrüstung die richtigen Adressaten in der ehemaligen Sowjetunion erreichten. Später wurde er Fernfahrer in einem Fuhrunternehmen, das auch Spenden an Bedürftige verteilte. Seine Routen führten ihn bis nach Sibirien.

Mit leuchtenden Augen berichtet der Event-Logistiker heute von der großen Gastfreundschaft und seinen Erlebnissen in Russland, die er in den 1990er-Jahren mit einer Analogkamera festgehalten hat. Eine herzergreifende Episode hat ihn besonders berührt: Eines Tages war Torsten zu Gast bei einer Großfamilie. Die Mutter, der Vater und die neun Kinder nahmen voller Dankbarkeit die Hilfspakete in Empfang und stimmten einem gemeinsamen Familienfoto zu. Ein kleiner Kraftakt, denn „bis es allerdings soweit war, vergingen zwei Stunden. Alle zogen sich ihre Sonntagskleider an, die Mädchen bekamen Schleifchen ins Haar und dann durfte ich knipsen“, erinnert sich der Helfer. In Deutschland ließ er das Bild entwickeln und überreichte es beim Wiedersehen ein paar Wochen später als Geschenk. Einen passenden Bilderrahmen, ein paar Nägel und einen Hammer zum Aufhängen des Fotos hatte der willkommene Gast vorsorglich im Gepäck.

Auf den Spuren des Weltkulturerbes

Auch die ganze Familie Uhr ging nach der Wende auf Reisen. Das erste Mal reisten sie zu dritt für eine Woche auf die kanarische Insel Teneriffa. Das Ehepaar war finanziell gut aufgestellt, sodass die Reisen in den darauffolgenden Jahren länger und die Ziele attraktiver werden. Ein Jahr Vorbereitung auf den Abenteuerurlaub gehörte ebenso dazu wie ein eigener Reiseleiter vor Ort, erzählen die beiden. Auf der Weltkarte im Gäste- und Arbeitszimmer sind über 50 Länderfähnchen angepinnt – bei der Auswahl orientieren sie sich an der Unesco-Weltkulturerbeliste. Ihr Urlaubs-Favorit sei Südostasien, verraten sie. Markierte skandinavische Länder sucht man vergebens, denn in Nordeuropa ist es Sylvia zu kalt und ungemütlich. Bei der Auswahl der Urlaubsmitbringsel und Souvenirs ist ihnen eines wichtig: „Originale Skulpturen und Masken gehören ins Museum. Aus Respekt vor den Einheimischen und ihrer Kultur suchen wir nur eine nahezu perfekte Kopie, die im heimischen Wohnzimmer einen Platz erhält.“

360-Grad-Rundblick


Mittlerweile buchen Torsten und Sylvia (beide 52) auch Gruppenreisen – abseits des Tagestourismus erforschen sie gemeinsam mit anderen die Aura der fernen Länder und Orte. Und manchmal „taucht“ das Paar auch in ihren proppenvollen Schrank mit den liebevoll geklebten Fotoalben und Büchern ab, um die letzte Reise noch einmal Revue passieren zu lassen.

Gute Reise, euch beiden, im Mai nach Jordanien!

7 Gedanken zu „Unterwegs im wilden Osten“

  1. Hallo,ich finde Eure Wohnung sehr geschmackvoll eingerichtet.Hier würde ich mich auch wohlfühlen.
    Mit freundlichen Grüßen M.Lückert

  2. Hallo ihr zwei Weltenbummler!
    Was gibt es schöneres als unsere Welt zu entdecken, nahe und ferne Länder zu bereisen und in fremde Kulturen einzutauchen.
    Und in all diese schönen Errinerungen findet man in eurem schönen zu hause durchgängig wieder. Ja es ist sehr geschmackvoll eingerichtet und strahlt sehr viel Wärme aus.
    Vor allem die Geschichte mit Foto finde ich faszinierend. Wo findet man so etwas heute noch…….auf Reisen, mit offenen Augen und offenem Herzen.
    Ich wünsche euch noch ganz viele weitere spannende Ziele und Erlebnisse und natürlich das ein oder andere „Mitbringsel“.
    Liebe Grüße B. Knappe

  3. Die Wohnung erstrahlt in angenehmen Farben und einige der Möbel gefallen mir wirklich gut. Dort kann man sich durchaus wohlfühlen. Allerdings: Ich sehe keine einzige Pflanze in der Wohnung. Schade, denn mit Pflanzen wirkt, meiner Meinung nach, jede Wohnung um einiges wohnlicher.

  4. Hallo Claudia, lieben Dank für deinen netten Kommentar. Ja, ich gebe dir recht Pflanzen vervollständigen das Gesamtbild einer Wohnung. Nur, wir haben unsere Katze Molly und sie ist nicht zu sprechen auf Pflanzen, leider.
    Ich wünsche dir ein sonniges Wochenende,
    Freundliche Grüße Sylvia Uhr.

  5. Kopfschüttelnd und Schmunzelnd…..Grüße aus dem Nachbarhaus (durch den Blick aus dem Wintergartenfenster erkannt) 😉 Zufälle gibt es: die fast gleiche Wohnung, die gleichen Fotoalben der gleichen Urlaubsländer, die gleiche Katze (wir haben eine zusätzlich…), die gleichen Küchengeräte, das gleiche Alter, die gleichen Anfangsbuchstaben beim Namen und und und……das war mal eine schöne Online Zeitungslektüre! Alles gute und viel Spaß in Jordanien!
    Liebe Grüße T + S T.

  6. Zufälle gibt’s…

    Schöne Grüße nach Anger-Crottendorf, die werde ich auch gleich an Familie Uhr schicken!

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