Im vergangenen Jahr feierte das Hochhaus, in dem Ute Scheffler seit sechs Jahren wohnt, das 40. Jubiläum seiner Grundsteinlegung, die in den 1970er-Jahren stattfand. Außer ihr leben alle anderen Bewohner der 13. Etage seit damals hier, fühlen sich wohl und aufgehoben. Mittlerweile findet auch die Kulturwissenschaftlerin ihre 64 Quadratmeter quadratisch, praktisch, gut.
Geboren in Zeitz, kam sie mit zweieinhalb Jahren nach Leipzig und wuchs in der Südvorstadt auf. Ute Scheffler hat Germanistik studiert, mit dem Ziel, in einem Verlag oder in der Forschung zu arbeiten. Berlin als Hauptstadt der DDR war für die promovierte 64-Jährige lange Zeit Arbeits- und Wohnort. Erst nach der Wende ging sie zurück nach Leipzig und arbeitete in einer Werbeagentur. „Damals schrieb ich und entwickelte Konzepte, heute schreibe ich nur noch als freie Autorin für den Buchverlag für die Frau“, erzählt sie und zeigt mir die gut gehende Mini-Reihe zum Thema Essen und Trinken.
Verein „Chic im Osten“ sucht neue Räume
Ein anderes Steckenpferd ist die gelebte DDR-Alltagsmode, die sie im Sachbuch „Chic im Osten“ (erschienen 2010) festgehalten hat und im gleichnamigen, 2016 von ihr gegründeten Verein bewahrt, pflegt und auf Modenschauen gemeinsam mit 15 Vereinsmitgliedern präsentiert. 2019 war ein gutes Jahr für den Verein – über vier Monate herrschte großer Andrang in der Ausstellung „Monika liebt’s bunt“ im Grimmaer Kreismuseum und auch an der Ostsee stießen die typischen Outfits bei einem Sommerfest auf reges Interesse. Momentan sucht der Verein dringend Nachwuchs und neue Räume, da das Lager in der Riesaer Straße aus allen Nähten platzt.
Abschied vom Altbau
In der 13. Etage des Hochhauses genießt die Bewohnerin den Blick auf den Mockauer Wasserturm und nur manchmal träumt sie noch von ihrer Schleußiger Altbauwohnung in einem Gründerzeithaus. „Sechs Zimmer, zwei Balkone – als Einzelperson braucht man das nicht und es war auch zu teuer“, resümiert die Mutter eines erwachsenen Sohnes, der schon immer einmal im Hochhaus wohnen wollte.
Zurücklassen musste sie allerdings den Großteil ihrer Möbel: „Schweren Herzens habe ich mich von einem riesigen Jugendstilschrank und vielen Büchern trennen müssen“, erzählt die Dozentin, die momentan in der Erwachsenenbildung arbeitet. „Am Anfang haben mir auch die vier Meter hohen Räume gefehlt. Aber schon im ersten Winter merkte ich, wie warm es hier unterm Dach ist und das allein die Steigleitungen so viel Wärme bringen.“ Lobende Worte findet sie auch für den Hausmeister, der noch am selben Tag auf ein Zettelchen reagierte, auf dem sie einen defekten Lichtschalter gemeldet hatte. „Unser Haus mit seinen 140 Wohnungen ist wie ein kleines Dorf“, man kenne sich und fühle sich hier daheim, meint die Hausherrin mit der Glückszahl 13.
Quadratisch, praktisch, gut
Alle drei Zimmer sind identisch groß: Das gemütliche, in orange getauchte Wohnzimmer mit den auf alt getrimmten Möbeln hat eine praktische Durchreiche zur Kochnische. „Wenn ich koche, kann ich nebenbei fernsehen und mich unterhalten lassen“, plaudert Ute Scheffler, die ihre kleine Küche sehr praktisch findet. Auch an die kleine, fensterlose Nasszelle habe sie sich gewöhnt. Probleme bereiten eigentlich nur die Betonwände, weil man ohne Schlagbohrmaschine keine Nägel in die Wand bekommt. Die selbstgemalten Afrika-Bilder in der Essecke zeugen von der Sehnsucht nach dem Kontinent, den die ehemalige Wassersportlerin bisher nur im Norden bereist hat.
Doch erst einmal führt die nächste Reise am 22. September ins thüringische Sömmerda, wo im Historisch-Technischen Museum die Ausstellungseröffnung „Mode & Produkt-Design in der DDR“ stattfindet und die Vereinsmitglieder im typischen „Chic im Osten“ über den Laufsteg schweben – moderiert von Ute Scheffler.
Gefällt mir . 64 m2 reichen. Man sammelt dann nicht mehr soviel an.