Ab in den Leipziger Norden, wo Michael Franke seit seinem sechsten Lebensjahr heimisch ist. Der letzte Umzug innerhalb des Stadtteils Eutritzsch war vor drei Jahren. Seitdem wohnt der 56-Jährige in einer sanierten Genossenschaftswohnung aus den 1930er-Jahren – 54 Quadratmeter groß mit zwei Zimmern und Balkon.
Eike Elau
Der Eutritzscher, der im nahegelegenen Sankt-Georg-Krankenhaus zur Welt kam, war jahrelang Präsident des Connewitzer Carneval Club (CCC) und steht schon wieder in den Startlöchern für die diesjährige Faschingssaison. Das Feiern läge ihm im Blut, sagt er und schmunzelt übers ganze Gesicht. Lustige Partys feiert die Hausgemeinschaft vor Ort, aber auch mit seinen Schulfreunden aus der ehemaligen Klasse 1f der 33. Polytechnischen Oberschule trifft sich der gelernte Forstwirt und heutige Wasserbauer alle fünf Jahre zur großen mehrtägigen Sause.
Bevor Michael mit den Narren des CCC am Rosensonntag den Schlachtruf „Eike Elau“ vom Umzugswagen schmettert, sitze ich in seinem heimischen DDR-Wohnzimmer und schaue mich staunend um. Die Wände sind mit alten Fotos gepflastert und 40 DVDs, 200 CDs und unzählige VHS-Kassetten lagern in den Regalen. Dazu kommen noch 100 Schallplatten im Schrank, darunter unzählige seiner Lieblingsband: Es lebe Deep Purple!
Live dabei – 293 DP-Konzerte
Die Geschichte klingt unglaublich: Schon vor der Wende besaß Franke die ersten LPs der englischen Rockband, die er auf einer Urlaubsreise in Ungarn besorgt hatte. „Mit dem Motorrad habe ich drei Schallplatten unbeschadet nach Hause gebracht – und war unendlich glücklich“, erinnert er sich noch heute. Sein erstes Konzert der Rocklegenden erlebte er 1991 in der Berliner Eissporthalle. Danach stellte er sich an den Hintereingang und bekam auch prompt Autogramme. „Die Musiker unterschrieben meine Eintrittskarte und die Welt war in Ordnung“, erzählt Franke stolz.
Zwei Jahre später fährt er zu einem Gig nach Rostock, mit zwei Schallplatten im Gepäck, die er signieren lassen will. Zielsicher geht er nach dem Konzert wiederum zum Hintereingang und fragt die Männer der Security nach dem Weg zu seiner Lieblingsrockband. Die fragen ihm nach einem Pass. Verwundert holt Franke seinen Reisepass aus der Tasche. Die Sicherheitsleute lachen und geben ihm einen Tipp, wo der Tourbus steht und die Musiker anzutreffen sind. Dort fand dann auch seine erste Begegnung mit dem Sänger Ian Gillan und dem Bassgitarristen Roger Glover statt. „In meinem Schul-Englisch habe ich auf die beiden eingeredet und durfte Fotos machen.“ Die schmücken noch immer sein Wohnzimmer und hängen ganz oben an der Wand. Mittlerweile blickt er auf 293 Konzerte in ganz Europa zurück.
Und heute lacht er über den Beginn seiner „Karriere“ als Deep-Purple-Fan. Kann er auch, denn seit vielen Jahren besitzt er als Edelfan einen laminierten Pass, der ihm das Tor zu allen Livekonzerten der Band öffnet, schließlich hat er einen ganz persönlichen Draht zu allen Bandmitgliedern und dem Management. Während in den 1990er-Jahren größtenteils im Auto gepennt wurde, nächtigt der Leipziger heute während eines Deep-Purple-Festivals meist etwas schicker – im Hotel. Die Zeiten ändern sich, die Schwärmerei für den Rock’n’Roll ist geblieben und hört wahrscheinlich niemals auf.
DDR-Wohnstube in 360 Grad
Begeistert ist Franke auch nach wie vor von seinen alten DDR-Möbeln wie der Schrankwand und der Couchgarnitur. Ersteres hat er von seinem Kumpel Uwe abgekauft, der jetzt in der Schweiz lebt. „Sowas Stabiles gibt’s heute nicht mehr. Mit den Schränken bin ich schon zwei Mal umgezogen und die stehen immer noch“, so der Bewohner. Auch die praktische Küchenzeile und das Sofa sowie die zwei Sessel stammen noch aus Vorwende-Zeiten. Einzig die Nordmanntanne in der Ecke ist das jüngste „Deko-Stück“ – liebevoll und sorgfältig ausgesucht vom ehemaligen Holzfäller in der Vorweihnachtszeit im vergangenen Jahr. Wahrscheinlich hat Michael das Bäumchen in den zurückliegenden Wochen unzählige Male mit „Smoke on the Water“ verwöhnt – Frankes Lieblingssong.
Die Bude, naja wir schweigen lieber. Aber 293 Konzerte in Europa? Chapeau an Michael für diese beachtliche Zahl. Solche Fans wird es wohl für die heutigen Bands (wenn es sie gibt) kaum mehr geben.
Hier scheint die Welt mit der Wende stehen geblieben zu sein. Schön ein Hobby zu haben, aber ein Blick unter den Weihnachtsbaum auf die Geschenke schockiert mich.
Ein DDR Museum diese Wohnung! Jedem das Seine, meins wäre es nicht. Danke für den Einblick und alles Gute für den Fan und Karnevalsfreund.
Ich bin ja der Meinung, dass ein Mann seine Hobbys braucht. Über Geschmäcker lässt sich streiten – vor allem in der Musik, aber die Wohnung sieht aus, als wurden viele schöne Stunden in ihr verbracht. Mögen noch etliche folgen.
Hui hui… Schicke Sessel, bald reif fürs Museum (aber nicht negativ gemeint)
@2: Was ist an den Geschenken unterm Weihnachtsbaum schockierend? Man kriegt von so vielen Leuten nur Unfug geschenkt, da kann der doch nix für.
Ich finde es gut , das man dazu steht wie man Lebt.
Es macht doch keinen schaden im gegenteil es ist sehr Umweltfreundlich.
Dann finde ich es auch gut das ein allein lebender Mann sich ein Weihnachtsbaum aufstellt. Toll
Und wenn Ihn die Musik glücklich macht dann bitte, soll er doch .
Ich wünsche Ihnen von ganzen Herzen das Sie noch viele schöne Stunden in Ihrer Wohnung mit Ihrer Musik verbringen können.
Purple Ja, immer aber „Smoke on the water“…da gibt es weit bessere Titel wie April, Child in time, Perfect….die Wohnung … lustig.
Endlich mal eine Wohnung, wo jemand drin lebt und nicht dieser durchgestylte Kitsch, der hier sonst so oft gezeigt wird, wo jegliche persönliche Note fehlt. Oder ein paar Accessoire hingestellt werden, die eine persönlichen Touch geben aber so was von austauschbar sind.
MEHR! von SOLCHEN typen .-)
Hallo Herr Jahnke,
wenn Sie mehr von solchen Typen kennen, dann lassen Sie mich das wissen.
Schönen Abend wünscht Regina Katzer