In dieser Woche bin ich der Kunsthandwerkerin Ulrike Rost das erste Mal persönlich begegnet, obwohl wir schon seit einiger Zeit über die Plattform Instagram Kontakt pflegen. Am Dienstag folgte ich ihrer Einladung nach Markranstädt in den Ortsteil Schkölen.
Wohnen mit Historie
Der denkmalgeschützte Vierseithof, auf dem ich von Haus- und Hofhund Linus stürmisch begrüßt werde, stammt aus dem Jahre 1831 und dient heute als Wohnhaus der Familie und Töpferwerkstatt. Unterm Dach gibt es neben einem Geschenkelädchen auch ein kleines Café zum Mieten. Eines der Gebäude war zu DDR-Zeiten ein Schweinestall im Besitz der LPG. Heute finden hier drei Hühner und ein Hahn, die Enten Grete und Pieps sowie die alte Häsin Pünktchen Unterschlupf.
Töpferin mit Herz
Seit fast 23 Jahren ist der alte Bauernhof das Zuhause der gebürtigen Leipzigerin, die aus einer Keramikerfamilie stammt. Während ihre Mutter Autodidaktin war, lernte Tochter Ulrike das Handwerk von der Pike auf – erst in der Dübener Heide und danach in Crimmitschau. „Töpferin zu sein, war schon immer mein Traumberuf“, erzählt die zweifache Mutter, die sich nach ihrer Ausbildung von 1993 bis 1997 auf Wanderschaft begab. Sie arbeitete unter anderem auf der Fraueninsel in Bayern, im englischen Cornwell, in den kunstkeramischen Werkstätten im thüringischen Bürgel und auch ein halbes Jahr bei der legendären Hedwig Bollhagen im brandenburgischen Marwitz. Bollhagen war eine beeindruckende und zugleich unheimlich strenge Lehrmeisterin, erinnert sich die 45-Jährige. „Die Töpferin war damals 90 Jahre alt und morgens um sechs die Erste bei der Arbeit.“
Ulrike wurde schließlich auch Töpfermeisterin. Später studierte sie noch zwei Jahre Gestaltung. Dass sie den keramischen Werkstoff über alles liebt, spüre ich in ihren emotionalen Erzählungen und es spiegelt sich auch in den aussagekräftigen Fotos von unzähligen Männer- und Frauenhänden wider, die den Schaffensprozess an der Töpferscheibe dokumentieren.
Schöne Dinge im Haus
Das Wohnhaus mit seinen dicken Mauern ist ein großer Schatz für alle Bewohner. Beheizt werden die zwei Etagen mit einem Holzofen, der im Wohnzimmer steht und wie eine Zentralheizung funktioniert. Dunkle alte Möbel, geschmackvolle Accessoires und Bilder sind aufeinander abgestimmt und passen zum Charakter des denkmalgeschützten Gebäudes, in dem zahlreiche Erinnerungsstücke schlummern. „Von unseren Urlaubsreisen bringen wir immer was Schönes fürs Haus mit“, plaudert Ulrike beim Rundgang durch das altehrwürdige Gemäuer. Grafiken und Aquarelle hängen nicht deshalb an den Wänden, weil sie schön anzusehen sind, sondern weil sie der Familie auch etwas bedeuten: „Kunst muss Emotionen erzeugen, sonst kann man sie auch weglassen.“
Musik, Kunst und Handwerk
Wo heute ab und an eine kleine Hausmusik mit Klavier, Bratsche, Gitarre, Trompete und Ukulele erklingt, war früher die schmale Küche. Die ist heute groß und hell mit modernen und praktischen Möbeln eingerichtet – und gefällt auch den Kätzchen Lilly und Elly, die hier gerne ein Nickerchen machen.
Faszination Persien
Nebenan im Esszimmer mit dem sensationellen Durchblick bis zum gemütlichen Wohnzimmer speist die Familie. Der nachgekaufte „Perser“ an der Wand versprüht einen Hauch Orient und erinnert das Ehepaar an eine Reise nach Isfahan, als sie auf den Spuren des berühmten „Medicus“ wandelten. Durch einen bunten Vorhang, der als Mitbringsel aus dem Iran ausgeführt werden durfte und der angeblich negative Energien verschwinden lässt, betreten wir die auch für Kunden immer offene Werkstatt mit einem hellen Kursraum und Brennöfen. Nebenan stehen fünf Drehscheiben sowie Teekannen, Tassen und Teller mit ihrer Signatur UR.
Kultur auf dem Hof
Die Bewohnerin ist im 172-Seelen-Dorf angekommen: Sie organisiert Konzerte, Lesungen und Theater auf dem selber ausgebauten Dachboden ihres Hauses oder bei schönem Wetter im großen Innenhof mit dem lilafarbenen Fliederbusch. Ein Ensemble des Thomanerchors war schon da, auch Liedermacher Christian Haase und der ehemalige Pfarrer Christian Führer gaben sich die Klinke in die Hand.
Am nächsten Wochenende (25. und 26. Mai) ist Ulrike Rost auf dem 14. Handwerker- und Töpfermarkt am Cospudener See/Pier 1 zu erleben: „Ich bin die mit der Töpferscheibe“, sagt sie und streicht sich ein paar Tonflecke von der Jacke.
Auf ein baldiges Wiedersehen!
Ein Paradies.
Da geht einem das Herz auf. Wirklich sehr sehr schön. 🙂
Der beste Artikel aus der bisherigen Schaffenszeit! Alles Gute an Ulrike, deren „Grünes“ mich beim Tee oder Rotwein an gemeinsame Treffen erinnern. Weiterhin viel Glück und Schaffenskraft an die älteren Müllers in die Ferne.
Wow, einfach toll. Es sieht so gemütlich und einladend aus.
… jetzt kann ich noch besser nachempfinden, wo Sie Ihre schöpferischen Kräfte „auftanken, liebe Frau Rost ! Ihren urigen Garten und die übrigen „öffentlichen“ Räume kenne ich ja schon lange ; weiterhin viel Schaffenskraft wünscht Ihnen eine langjährige dankbare Kundin.
Ein Traum! Wirklich sehr schön.