Mit meiner heutigen Gastgeberin, der freischaffenden Künstlerin Cornelia Starke, hatte ich vor einiger Zeit eine erste lustige Begegnung beim Einkaufen. Später trafen wir uns auf dem Karl-Heine-Boulevard wieder – und verabredeten uns zum Hausbesuch. Die 40 Quadratmeter Wohnfläche im altehrwürdigen Altbau verteilen sich auf eineinhalb Zimmer, Küche, Flur und Bad. Der Balkon ist eine kleine Oase mit Blick ins Grüne.
Galerie Kunstwerk
Seit 1997 lebt die gebürtige Hoyerswerdaerin in der Pleißestadt, studierte an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig und absolvierte anschließend bei Maler und Grafiker Frank Ruddigkeit das Meisterstudium. 2009 ging sie den Schritt in die Selbstständigkeit und eröffnete in Leipzig-Schleußig die Galerie Kunstwerk, die sie drei Jahre lang als Atelierwerkstatt und Wohnung nutzte.
Aufbruch nach Indien
„Irgendwann war mir alles zu viel, ich wollte aus dem Projekt heraus und mit meinem damaligen Lebensgefährten zusammenziehen“, erinnert sich die Malerin mit dem Lebensmotto „Die Kunst ist mein Wanderstock“. Sie löste den Laden in der Oeserstraße auf, verkaufte all ihre Bilder mit geometrischen Sujets, ließ ihr altes Leben komplett hinter sich und provozierte damit Neues, erklärt sie. Das Paar ging für drei Monate auf eine Reise nach Indien, um die Höhen und Tiefen dieses sagenhaften und spirituellen Landes kennenzulernen. Der Philosoph Friedrich Wilhelm Nietzsche brachte es für die junge Frau auf den Punkt: „Den Stil verbessern – das heißt den Gedanken verbessern, und gar nichts weiter!“
Altes loslassen, Neues empfangen
„Wenn ich im Nichts bin, weiß ich, wer ich bin“, reflektiert die Künstlerin die vergangenen sieben Jahre ihres Lebens. In Varanasi, Indiens Stadt des Todes und heiligster Ort für Hindus, meditierte sie neben einer Leichenverbrennung, bei der die Asche später im Ganges verstreut wurde. Cornelia Starke kam zur Erleuchtung, dass sie „Heiler werden – und heiler werden“ möchte. Nach ihrer Rückkehr, ohne Obdach und Besitz, ging sie für einige Zeit zu einem Freund nach Dresden, kehrte aber bald nach Leipzig zurück und widmete sich ihrer neuen Aufgabe: einer Ausbildung zur Heilpraktikerin für Psychotherapie. Mit dem Fokus auf die Lehre und das Bewusstsein, als Medium für andere zu agieren und ihnen zu helfen, folgten „zwei Jahre in heiliger Klausur“, wie sie sagt.
Organische Netzmalerei
Ihr Praxisraum befindet sich in Plagwitz, in der Nähe des Westwerks, wo sie in einem Atelier arbeitet. „Die Kunst trägt mich“, sinniert die Freischaffende vor ihrer organischen Netzmalerei, die über ihrem selbst gebauten Bett hängt. Das große Zimmer ist Schlaf- und Wohnraum zugleich, nach Feng Shui ausgerichtet. Und wenn Freunde zu Gast sind, wird am weißen Ausziehtisch auch gegessen. Die wenigen Möbelstücke sind allesamt so leicht, dass sie sich schnell weg- und umräumen lassen. Einzig das Kalachakra-Mandala bleibt an der Wand hängen. Es zeigt 722 buddhistische Gottheiten und reinigt die Wohnung von schlechter Energie. Die Klangschalen auf dem Sideboard erzählen von der Indien-Reise und das Bild in Grün mit Struktur ist Cornelias schönste monochrome Arbeit.
Ah, wie schön, wenn eine Wohnung nicht so vollgestopft ist…