Ich bin ein Sommerkind

Blick in die Selbermachwerkstatt (Foto: Regina Katzer)

Das Leben von Annett Gerhardt spielt sich an zwei Orten in Leipzig ab. Zuerst führt mich mein Weg nach Leipzig-Kleinzschocher. Hier empfängt mich die 38-Jährige in ihrer „Selbermachwerkstatt“. Seit zwei Jahren werkelt die im Sommer geborene und gebürtige Dessauerin in einem Ladenlokal in der Nähe vom Adler. Selbermachen wird bei ihr großgeschrieben.

Blick in die Selbermachwerkstatt

In Workshops gibt Annett Tipps zum kreativen Basteln, Nähen, Anleitungen zum Siebdruck und Stempeln, sowie zum Herstellen von Schmuck. Eine Krabbelbox in der Ecke erinnert noch daran, dass anfänglich die eigene Tochter bei den Kursen Gesellschaft leistete. „Clara Emilia gefiel es jedoch nicht, der Mama nur durch die Holzgitterstäbe bei der Arbeit zuzuschauen“, erzählt sie. Andere Kinder sind da entspannter „Letztens waren zwei Kleinkinder hier, die lagen, während die Mütter bastelten, mehrere Stunden ganz ruhig in ihrer Ecke“, erzählt die Do-it-Yourself-Künstlerin, kurz DIY.

 

 

Gefühl von Heimat

Annett ist eine Frau mit vielen Facetten. Nach dem Abitur entscheidet sich die begeisterte Sportkletterin für ein Studium zur Fachübersetzerin. Sie wollte auswandern, ging stattdessen erstmal für ein Jahr nach Russland, später für sechs Monate nach England und schrieb in Australien ihre Diplomarbeit. Als sie für drei Monate in Leipzig strandet, um hier ein Praktikum zu absolvieren, spürt sie aufs Neue ein Gefühl von Heimat. Trotzdem zieht sie erstmal wieder raus in die Welt. Wegen eines Dolmetscher-Jobs geht sie ins Baltikum, kehrt aber nach anderthalb Jahren nach Deutschland zurück, um eine Ausbildung zur Qualitätsmanagerin zu absolvieren. Im Jahr 2009 macht sie sich dann selbstständig, arbeitet stundenweise als Lehrerin für Englisch und Russisch an Privatschulen. Später unterrichtet sie Studenten im Fach Deutsch als Fremdsprache, jetzt sind es junge Flüchtlinge.

DIY ist ihr Leben

Schnell wird klar, Annett ist ein Tausendsassa. Vor vier Jahren fängt sie an, ihren ersten eigenen Papierschmuck zu basteln. Sie stanzt, faltet und klebt Ohrringe für ihre Mutter und Schwester, fährt ein Jahr lang zwei Mal im Monat auf Kreativmärkte in ganz Ostdeutschland. Die Tour führt sie nach Schwerin, Magdeburg, Leipzig, Chemnitz, Dresden und Zwickau. Die junge Kreative suchte eine bezahlbare Werkstatt für ihre Workshops und findet die Räumlichkeiten schließlich am Adler. In der studioeigenen Küche können sich die Kursteilnehmer auf Wunsch beköstigen lassen, im Badezimmer lagern die Utensilien für den Siebdruck. Jetzt träumt die junge Frau davon, irgendwann von ihrem Kunsthandwerk leben zu können.

Kunst liegt in der Familie

Für die nahende Adventszeit ist die Werkstattfrau voller Ideen und freut sich auf begeisterte DIY-Fans, die den Weg in ihren Laden finden. Hier gibt’s viele Möglichkeiten und die Materialien für ganz individuelle Geschenke zum Weihnachtsfest – ob mit Goldpuder verzierte Namen auf einer Glückwunschkarte oder außergewöhnliche Adventskalender in allen Formen und Farben. Das Künstlerische hat schon fast Familientradition: Bereits der Vater war ein Hobby-Bastler, der Großvater spielte Violine am Gewandhaus und die Schwester fotografiert für ihr Leben gern. Annett lernte als Kind Block- und Querflöte, spielte 15 Jahre lang Volleyball im Verein.

Mach’s doch selbst

Ein gutes Händchen fürs geschmackvolle Einrichten beweist das Sommerkind, das eigentlich eine Frostbeule ist, in ihrem Zuhause im Leipziger Stadtteil Connewitz. In der Diele der Drei-Zimmer-Wohnung stehen antiquarische Bücher, Erstausgaben und Familienerbstücke. Gemütlich warm ist’s auch in der lebendigen, offenen Wohnküche mit dem großen Holzregal, das aus einer Ladeneinrichtung stammt, dem selbstgebauten Esstisch und dem Sofa aus umfunktionierten Grafikschränken. In den Kästen bewahrt die Hausherrin alte Videos, Geschenkpapier und größere Zeichnungen auf. Ein Hingucker im kombinierten Schlaf- und Arbeitszimmer ist das runde Fenster. Wohnungs-Stars sind aber auch der rote lederne Küchenstuhl, den sie vom Großvater geerbt hat und zu den Dingen gehört, die bei jedem Umzug mitwandern. Ganz genauso wie der alte Teekessel auf dem Herd, der so schön blubbern kann.

15 Gedanken zu „Ich bin ein Sommerkind“

  1. Wir haben eine richtig gigantische Sozialindustrie in diesem Land. So genannte Flüchtlinge kommen da wie gerufen. Es können gar nicht genug sein. Also braucht es Übersetzer, Lehrer, Sozialarbeiter, Psychtanten, u.v.m.
    Aber woher kommt das Geld für all diese Dienste und Sozialleistungen?
    Von den Leuten, die Autos, Maschinen, Hauser bauen, und andere Realgüter und Dienste produzieren. Es ist eine Umverteilungsmaschine, die immer größer wird. Die einen erarbeiten es, die anderen verbrauchen es. Aufgehen wird diese Rechnung nicht. Frau Gerhardt ist Teil des Systems Sozialindustrie. Die Bahnhofsklatscher haben ihr Auskommen gefunden. Auf unser aller Kosten, zu unser aller Lasten. Und es warden immer mehr kommen, bis das Land umgevolkt ist. Vollzugmeldung erfolgt, Frau Clinton.

  2. @ 1. ergänzend Ich kann Ihren persönlichen Frust verstehen und teilweise einverständlich nachvollziehen. Es ist wohl von oben politisch so gewollt. Dies hat jedoch alles nichts mit der jungen Frau und dem eigentlichen Thema zu tun. Sicher war es unklug von der Autorin in einem solchen Thema die Flüchtlingsproblematik und Gutmenschentum einzuflechten. Sehen Sie diese Tätigkeit einfach als ihren persönlichen Strohhalm sich ein paar Cent zu verdienen und damit zu überleben. Freuen Sie sich darüber nicht in einer solchen Situation stecken zu müssen. Ich freue mich über die lebensbejahende Einstellung und Tätigkeit dieses Mädels. Hoffentlich gelingt es ihr damit bald ein selbstfinanziertes Leben abseits der Asylindustrie zu erreichen. Sie scheint ein produktives Händchen zu haben und wird sicher noch das richtige Geschäftsmodell finden, denn das bisherige dürfte auf Hoffnung hinauslaufen. Ich hätte mir, an ihrer Stelle, ein zweites Standbein aufgebaut. Viel Glück!

  3. @ Ralf Müller:
    Das ist ein klar unpassender Kommentar, sich aus Ihrer Sicht über die Flüchtlings- und politische Lage zu äußern, wenn es um das Zuhause, den Einrichtungsstil von Leipzigern geht.

    Falscher Platz und persönlich angreifend gegen die Wohnungsbesitzerin – das geht bessere!

  4. Endlich mal ’ne Wohnung die nicht von vorn bis hinten mit IKEA Zeug zugestopft ist. Und aufgeräumt wurde wohl nur für die LVZ…
    Und mit etwas Glück findet die junge Frau auch noch den Richtigen 🙂

  5. Ist das eigentlich noch ein wohnblog oder ein ‚ich präsentiere mein DIY-business‘-PR-gedöns blog? Fiel mir letzte Woche schon auf. Warum muss man Büros präsentieren, wenn es ums wohnen geht? Schade, das könnt ihr besser! Für den Rest macht gerne nen local-business blog auf.

  6. In dieser schönen hellen Wohnung gibt es ein aktives, selbstbewusstes Leben; ohne überflüssige Technik (Fernseher etc.). Das Bücherregal macht es noch interessanter… Eine sehr gute Idee ist die erhöhte Sitzfläche in der (Wohn-) Küche durch die flachen Planschränke.

  7. Ich finde die Wohnung sehr kreativ gestaltet.
    Es ist ein toller Mix aus modernen und Vintagemoebeln.
    Grosse Klasse bei dem vermutlich begrenzten Budget.
    Noch ein Kommentar zu den teilweise grenzwärtigen Meinungen am Anfang.
    Für alle Sozialneider und Ewiggestrigen gibt es Kommentarspalten auf Bild.de,Mopo.de….
    Bitte senden Sie Ihre „geistigen“ Ergüsse an genannte Medien,damit es alle anderen Kleingeister konsumieren können.
    Ein Einrichtungsblog ist definitiv der falsche Rahmen.

  8. für manche kreativ und vintage, für mich sperrmüll und ungemütlich kalt. betreffend fehlende böse unterhaltungselektronik, der kernschrott ist doch auf den bildern zu sehen.

  9. @Friseur: Tut mir leid. War die unpassende Stelle für den politischen Kommentar. Trotzdem muss man niemanden beleidigen. @Mario: Sozialneid geht mir völlig ab, du Keck, die moisten beneiden mich. Ewig gestrig, was soll das sein, nur weil ich euch Hipsterfressen über habe? Was wilst du mit Bild und Mopo? klar, du onanierst du täglich.
    Die Wohnung gefällt mir ganz gut, nicht übermäßig gut aber auch nicht verkehrt. Nur der Einrichtungsnippes geht mir ab. Bei mir hängen Bilder. Immer nur Bilder und Teppiche überall. Hipster verachte ich. Und ihr Stil ist ein einziger Fake. Und IKEA ist nur ekelhaft. Möbel für Gutmenschen.

  10. Zusatz: Wichtig für die Entwicklung ihrer Tochter ist natürlich die Werkstatt. Heutzutage werden schon Kinder eingeschult, die noch nie eine Schere in der Hand gehalten haben. Und eine durchgestylte Werkstatt kenne ich nicht. Sie kann ruhig einfach aussehen.

    @Mario: Richtige Formulierung mit „Sozialneid“ gewählt. Das war auch mein Gedanke während des Lesens.

    R. Müller bestätigt nun mit dem zweiten Kommentar, dass in seinem Leben reichlich unkontrolliertes Chaos herrscht (z.B. Beleidigungen).

  11. Pingback: Wohnblog Best Of – zweites Halbjahr › Unterm Dach

  12. schöne Wohnung… Interessantes Leben… Ich hätte da einiges an Werkzeug für deine Werkstadt wen du magst…

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