Gekommen, um zu bleiben (Teil 2)

Willkommen in der Holbeinstraße 28a. Die Hausgemeinschaft lebt seit über 14 Jahren in Schleußig. Familien, Künstler und Gewerbetreibende haben hier ein gemeinsames Zuhause gefunden. 2013 wurde das Haus an einen Leipziger Premiumsanierer verkauft. Einer Modernisierungsankündigung folgten ein Kernsanierungsvorhaben, diverse „Entmietungsmaßnahmen“ und schließlich die Kündigungen. Viele Mieter beugten sich dem Druck und zogen aus. Acht wackere Parteien (zwölf Erwachsene und fünf Kinder) haben gegen den Sofortvollzug Widerspruch eingelegt. Sie wollen bleiben in ihren Wohnungen, die sie sich über die Jahre liebevoll hergerichtet haben.

Die LVZ berichtete:
„Wir wollen nicht ausziehen“ – Leipziger Mieter fühlen sich in Schleußig aus Wohnung gedrängt (29.03.2014)
Elsterwerke in Leipzig-Schleußig: Stadträte kritisieren Investor – Kommune soll helfen (16.05.2014)

In drei Teilen stellen wir die Wohnungen der verbliebenen Mieter vor. Heute besuchen wir Philipp und Steffen.

Philipp kommt aus Baden, ist Geograph und lebt seit sieben Jahren in Leipzig. In seiner 160 Quadratmeter großen Wohnung findet man neben einer freistehenden Badewanne und einem Podest im Wohnbereich auch eine Art Kinderterrarium mit Blick in die offene Küche.

Steffen ist in Naumburg geboren und arbeitet seit 1999 als freischaffender Künstler und Programmierer in Leipzig. Seine Wohnung in der Holbeinstraße ist gleichzeitig auch Atelier und Ideenschmiede.

14 Gedanken zu „Gekommen, um zu bleiben (Teil 2)“

  1. wer so eingerichtet ist, kann auch ein wenig miete zahlen. ihre „kunst“ machen sie auch nicht gratis und bei den „gewerbetreibenden“ bekommt mensch sicher auch nix für lau…. wie wäre es, wenn die bohemes von heute sich als das begreifen, was sie sind: ein teil der bourgeoisie. wenn ich euch so anschaue kommt mir das frühstück hoch. 2500+ familieneinkommen, das hobby zum beruf gemacht und dann jammern, wenn das viertel aufwertet. ihr seid keine sozialfälle. schaut euch mal bitte an, wie da proletariat so lebt (altenpflegerin, friseuse, floristin, verkäuferin alle 40h+ und weniger als 100 netto) und wieviel miete sie WO und WOFÜR zahlen! dagegen, bzw für diese leute könnt ihr mal kämpfen. aber mit dem der euer brot bäckt und euren müll entsorgt, habt ihr euch längst entsolidarisiert und glaubt es reicht bio-saitan zu essen und das bewusstsein zu befreien. polyamant seid ihr ja schon und dem gendermainstreaming gegenüber offen. NUR dies ist kein streben nach veränderung sondern hedonismus pur. früher wusste die herrschende klasse wenigstens, wer sie ist, und die schuftenten zum hungerlohn wußten genau, gegen wen sie kämpfen müssen. mittlerweile müssen sich die „prols“ vorwerfen lassen, nicht offen und gebildet genug zu sein und haben das gefühl versager zu sein.
    dabei wird vergessen, das reichtum zwar für jeden erreichbar ist, jedoch nie für alle.
    und solange die herren und damen „künstler“ exklusiv wohnen möchten ohne exklusive preise zu bezahlen, werden sie weiter darum kämpfen ihren po an die wand zu bekommen statt sich mit dem pöbel zu solidarisieren. und so sind sie ganz wie ihre eltern, nur die geschmäcker sind verschieden. und über geschmack kann man streiten, über unsolidarisches einigeln nicht.
    ihr seid NICHT links, NICHT ökologisch, NICHT sozial. ob ihr keativ seid, darüber kann ich nichts sagen, ich bin ein prolet.

  2. „weniger als 1000€“ sollte es heißen. nur um der häme ob meines fehlers vorzubeugen. inhaltlich wird sicher kein feedback zu erwarten sein, ihr findet aber sicher den einen oder anderen fehler, an hand dessen ihr mein posting durch den kakao ziehen könnt

  3. @ Olig – einen Teil Ihrer Gedanken finde ich ganz interessant, eben dieses für sich leben und sich entsolidarisieren, was durchweg in der Gesellschaft zu beobachten ist. Aber Ihr Neid ist übel.

    Und: „2500+ familieneinkommen“

    Woher maßen Sie sich an, so ein Einkommen anzunehmen?

    Sie würden staunen, wenn Sie wüssten mit wie wenig Geld Künstler oftmals leben. Und eben ohne festes regelmäßiges Einkommen sondern mitunter mit langen Durststrecken in denen auch mal drei Monate am Stück Nichts reinkommt. Nur dass die halt blöderweise nicht so einfach über ALG II aufstocken können, wie es die Friseurin oder Floristin durchaus kann. Sie vergessen, dass es zwar durchaus Leute gibt, die sich Kunst gerne mal anschauen, aber kaufen? Da kann es schon mal sein dass in einer Ausstellung nichts verkauft wird und somit nur Kosten entstanden.

    Dass Sie Kunst nur als Hobby betrachten und nicht als Beruf, ist auch eine recht beschränkte Sichtweise. Was würde es bringen, wenn jemand der sein bisheriges Leben lang Kunst gemacht hat, darin auch eine Ausbildung gemacht hat und damit offenbar auch halbwegs über die Runden kommt, alles an den Nagel hängt und auch Altenpfleger wird um sich dann auch mit um die 1000€ rumzuschlagen? Abgesehen davon, dass das sehr DDR-mäßig ist (eingeschränkte Berufswahl)?

    Gut, wahrscheinlich hätte er dann sogar mehr Einkommen als bisher, aber ist das Ihre Idee von Solidarität? Dass sich die Kreativen bitte ihrer Kreativität entledigen und ins sogenannte Proletariat und entsprechende Arbeit integrieren – dann können noch mehr Menschen um die schlecht bezahlten Jobs kämpfen, tolle Idee, wirklich.

  4. @kati: ja mein neid ist übel. aber die chuzpe, mit der hier „kreative“ solidarität von der kommune fordern, welche gerade gezwungen ist die jugendhilfe brutalst zu kürzen ist noch übler.
    es war mir völlig klar, das mir mein geistig eingeschränkter horizont kritk einbringt, da ich nur auf der basis des neids argumentieren kann. leider fehlt mir für differnzietere argument die bildung und die kraetivität. das kommt beim buckeln immer zu kurz.UND: das sein bestimt das bewusstsein.

    p.s.: ich glaube ich weiß wie es ist mit sehr wenig über die runden zu kommen. ich bin auch freibureufler. allerdinsg ganz unkreativ und klar proletarisch. aufstocken ist da auch nicht. und meine kinder wollen essen, auch wenn der kreative von nebenan seine rechnung bei mir nicht zahlt, weil „es grade nicht so gut läuft!“
    sry- aber ich sehe das halt etwas primitiver

  5. @ Olig

    Okay, Sie kennen also die Situation als Freiberufler. Wieso solidarisieren Sie sich dann nicht einfach mit Floristin und Altenpfleger und gehen einer geregelten Arbeit nach? Weil Sie sich zu irgendeinem Zeitpunkt in Ihrem Leben für das Freiberufliche entschieden haben. Ich hoffe aus guten Gründen und aus Lust an dem was Sie machen. Wenn Sie diese Entscheidung bereuen, ist das bitter, aber dann können Sie sich ggf. wieder umentscheiden. Nicht weniger verlangen Sie ja von den Künstlern.

    Für Sie scheint die Identifikation als Proletarier sehr sehr wichtig zu sein. Gut. Aber dass Sie sich dann zurückziehen auf ‚buhuhu, ich bin so primitiv‘ – das ist doch Schwachsinn. Damit stellen Sie sich selbst in eine Ecke aus der Sie dann rummeckern können auf die anderen, denen Sie dann Feingeist oder was weiß ich unterstellen, den die mitunter gar nicht haben. Sie machen da einen schönen Graben auf an dem Sie sich abarbeiten können und die eigentlichen Probleme – die Sie ja ansprechen – werden weniger wichtig: niedrige Einkommen und hohe Mieten.

  6. ja- die form meines beitrages ist unter aller sau… habe leider neid und wut im bauch, sowie sowas von keine zeit. sry

  7. @ Olig

    Machen Sie sich doch nicht ständig selbst so schlecht. Wie bereits gesagt – Sie sprechen wichtige Punkte an, der Mietmarkt der härter wird, Einkommen die stagnieren, geringe Einkommen die einem wenig Freiheiten lassen, was Wohnraum und Lebensstil im Allgemeinen anbelangt.
    Und klar, das ist auch eine privilegierte Position, die die Kreativen in dem Haus haben. Schöner Wohnraum, freie Entfaltung, Zeit selbst einteilen…

    Warum Sie aber genau das wütender und neidischer macht, als bspw. Immobilienspekulanten in dieser Stadt, das verstehe ich nicht. Wenn Sie einmal ein Gespräch von Maklern unter sich mit belauschen konnten, dann haben Sie vielleicht jemanden auf den Sie noch wütender sein können.
    Und denen ist es egal, ob sie Künstler oder Altenpfleger aus den Häusern raussanieren, Hauptsache danach wird ‚luxussaniert‘ und teuer vermietet/verkauft. Und wieder weniger Wohnraum der erschwinglich wäre für diejenigen die weniger Geld haben, ungeachtet dessen was sie beruflich machen.

  8. in aller kürze, mit allen tipfehlern zum mitnehmen:

    ich mache hier keine gräben auf- mir platzt halt der kragen. ich solidarisiere mich mit den schaffenden, in dem ich meine mitarbeiter recht gut bezahle (was ab und an defizitär ist und mich selbst zur mehrarbeit zwingt) und gelegenheiten nutze, mnich mit einzureihen, wenn bewegungen stattfinden die den gesellschaftlichen grundkonsens (kapital ist vorraussetzung um am markt mitagieren zu können- ansonsten verkaufe deine zeit, hirn und hände) in frage stellen. wenn also, in meinen augen, eine GEMEINSCHAFT erstmals die politische bühne betritt und solidarität mit ihrer selbst einfordert, schaue ich zu alllererst einmal ganz oberflächlich wie groß denn der bedarf an solidarität ist.
    da sehe ich erst einmal ein schönes umfeld, junge, hübsche und kreative menschen und denke mir ….: „bbbbbbbbbbbbbrrrrrrrrrrrrrrrrrrpffffffffffffffffffffffffmhhhhhhhhhhhhhh“. dann fällt mir ein, welche igel die kommune zu bürsten hat und nicht nachkommt ob der knappen ressourcen und dann platzt mir halt der kragen und alles schreit in mir. „CHUZPE!“ und davon verdammt viel. sorry – nenne es neid, jedoch ich stehe dazu.
    wenn jedoch die „gemeinschaft holbeinstraße 28a“ nur von mir in ihrem gesellschaftlich-politischem engagement bisher übersehen wurde nehme ich alles zurück. sollte jedoch mein eindruck stimmen, dass diese gemeinschaft in der vergangenheit vorrangig damit beschäftigt war, es sich „hübsch“ zu machen, eigene kreative projekte an den start zu bringen (mit natürlich und selbstverständlich damit verbundenen ertragsabsichten) und sich erst dann so recht formierte, als das idyll von einer anderen kreativen vision (exklusiven wohnraum in attraktiver lage zu schaffen und damit erträge zu erzielen) bedroht wurde….- DANN bekräftige ich meine behauptungen nochmals. alternatives leben heißt nicht „sich einigeln“ und bestandsschutz von der kommune zu fordern. alternatives leben heißt: freiräume „besetzen“, eigenes handeln öffentlich zu machen und zu erklären, diese dafür räume nutzen wofür man sie in beschlag nahm UND DANN diese ggf auch mit allen mitteln zu verteidigen.
    bei der „hohli 28a“ hörte man zuallererst forderungen an die solidargeinschaft. wenn dies falsch ist: DICKES SRY! wenn icht- na dann steht ja hier was ich denke.
    fundierter geht ohne abitur und unter zeitdruck leider nicht.
    p.s.: ich kann mich nicht einfach umentscheiden. das bedroht einige weinige arbeitsplätze. und meine kinder wollen auch essen. das heißt : „the show must go on“.
    ich stelle mich nicht in die proletarische ecke – ich stehe da. und bitte : wer von seiner arbeit lebt UND zufriedenheit und glück aus ihr ziehen kann hat RIESENGLÜCK. das ist sehr schön wenn das geht, es ist aber kein einklagbarer normalzustand. mir gelingt mehr schlecht als recht nur ersteres. und das nicht weil ich faul und / oder dumm bin, sondern weil eben nicht ALLE bildung erfahren können und somit in der lage, sind ihre hobbies zur meisterschaft zu treiben ,und damit ihren lebensuntehalt bestreiten zu können.
    ich erwarte auch nicht, das der künstler seine profession wechselt und mit dem proleten um die raren jobs konkurriert. was ist das denn bitte für eine auffassung von solidarität.
    ich erwarte vom künstler rebellion gegen die „gesamtsituation“ – dann darf er fordern, oder ich erwarte von ihm wirtschaftlich auf eigenen beinen zu stehen.
    SAGT MIR DOCH EINFACH WO IHR STEHT, WIE ihr dasteht habt ihr lang und breit dargelegt.

  9. ja ich bin grade unobjektiv. wenig schlaf macht dickschädelig.
    werde nochmal rumgoogeln was ich so über eure alternative wohngemeinschaft finde. ich würde mich mehr freuen wenn ihr mehr seid als „nur“ eine SUPERHAUSGEMEINSCHAFT die ganz dolle viel selbst aufgebaut hat. das hat jeder, schon immer und überall.

  10. Nur nebenbei: ich gehöre nicht zu den Bewohnern, ich kenne die nicht mal persönlich.

    Mich wunderte nur Ihre Wut auf die Künstler an sich. Mir ist jetzt sehr viel klarer, worauf Ihre Kritik zielt. Vielen Dank dafür, das ist alles sehr nachvollziehbar. Ich weiß nicht ob es realistisch ist (ich habe keinen Einblick, ob die Zeit hätten sich auch über ihre eigenen Interessen hinweg zu engagieren… mit dem Proletariat zu solidarisieren, wie auch immer dann) und ich weiß nicht ob ich diesen Anspruch nur an Künstler herantragen würde, aber der Gedanke ist verständlich. Zumal es Ihnen mehr um die jetzigen Rufe nach Unterstützung durch die Öffentlichkeit geht, die Sie unangemessen finden, weniger darum womit die Leute ihr Geld verdienen. Das ist mir jetzt klarer geworden, auch da – danke für Ihre Worte.

    Was auch bitter und ironisch an der Sache ist: die Kreativen werkeln vor sich hin, erhalten Wohnraum, werten ihn auf und hoffen darauf dass ihre Kunst gekauft wird (was zumindest bei größeren Gemälden nur eine bestimmte Zielgruppe ist, es geht ja nicht nur um Postkarten für einen Euro) um über die Runden zu kommen. Und genau die Leute die als Käufer der eigene Arbeit dann in Frage kämen, verdrängen sie jetzt aus ihrem Wohn- und Arbeitsraum, ob nun als Eigentümer/Makler oder spätere Mieter/Besitzer.

  11. Ich sehe auf den Bildern aber keinen „aufgewerteten“ Wohnraum !

    Ich seh da ne typische Studentenhutze mit viel Krempel und wenig Kohle aufgehüscht.

    Tut mir wirklich nicht leid, die Welt dreht sich und nichts bleibt wie es ist.

    Und das sind nunmal (mittlerweile) Hammerlagen. Und die kosten !

    Es bleibt ja immer noch die Möglichkeit mit dem Wagenplatz.

  12. hier geht es nicht um Einkommen.
    hier geht es um Kündigung, Rausschmiss
    Umzug
    dann wieder Kündigung
    hier geht es um Wohnen das sich jeder leisten muß, um nicht im Tunel mi Kinder am Leuschnerplatz übernachten zu müssen.

  13. Ich verstehe beide Seiten, wenn ich wo Jahre lang gelebt habe und mir alles eingerichtet habe möchte ich auch nicht rausgeworfen werden. Aber scheinbar leiden manche auch an Realitätsverlust wenn sie meinen das für 160 m² in bester Lage kleine Mieten zu zahlen sind. Das der Besitzer da Geld rausschlagen will ist nur rechtens. Andererseits verstehe ich die Leute nicht, ich wohne seit zig Jahren da und will da bleiben, die Leute sind alle ähnlich gestrickt und kommen sicher gut miteinander aus. Warum machen sie nicht alle zusammen ein Angebot an den Besitzer und kaufen das Objekt einfach?

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