Bei 30 Grad im Schatten geht’s für mich diesmal in den Süden Leipzigs: Auf meiner Fahrt in den Zwenkauer Stadtteil Kleindalzig freue ich mich auf frische Landluft, einen 6000 Quadratmeter großen Garten und über deren Pächter Karin und Bernd Ullmann, die immer froh sind über Besuch. Vergangenes Wochenende hatten bei ihnen zum „Tag der offenen Gartenpforte“ rund 80 Gäste vorbeigeschaut – und die kamen wahrscheinlich aus dem Staunen nicht mehr heraus.
Wir sind im Garten
Mit einer Glocke am Eingang kündige ich mich an. Seit neun Jahren bewirtschaftet das Ehepaar das Grundstück am Mühlgraben. „Der Garten hat uns gefunden“, sind sich die 62-jährige Mathe- und Physiklehrerin und der 68-jährige Rentner einig. Die parkartige Anlage ist für sie seit neun Jahren ein Ort zum Ausgleich und zur Erholung, um vom Arbeitsstress zu entspannen und vom Alltag abzuschalten.
Bis zum Jahr 1885 war das weitläufige Gelände am Elstermühlgraben ein Nutzgarten mit Karpfenteich. Später standen hier erst eine Wassermühle und dann ein Sauerstoffwerk. In den Hungerjahren nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Land in Gartenparzellen aufgeteilt. Der Mühlpark im jetzigen Zustand existiert seit 1996 und wurde von Wolfgang Rotzsch, ehemaliger Klinikdirektor am Institut für Laborchemische Diagnostik an der Uni Leipzig, angelegt. Nach dessem Tod im Jahr 2008 übernahmen die gebürtige Altenburgerin und der Leipziger das Areal samt der gigantischen, facettenreichen Baumsammlung mit 56 verschiedenen Arten. Echte Raritäten sind darunter, wie eine 200 Jahre alte Stileiche, majestätische Kastanien sowie ein Seerosenteich im Schatten einer Trauerweide.
Rundgang durch den Park
Bevor der Fußmarsch beginnt, präpariere ich mich mit Mücken- und Zeckenschutz, tausche die Flipflops gegen Gummistiefel. Später wird mir noch ein dicker Pullover gereicht, denn die kleinen Biester sind überall. Im Teich gegenüber dem Blockbohlenhaus, das dem Ehepaar als Unterschlupf dient, leben Kois, Spiegel- und Schuppenkarpfen sowie eine kleine Entenfamilie ganz friedlich nebeneinander. Die Seerosen erinnern an den verstorbenen Eigentümer, der ein großer Liebhaber des Malers Claude Monet war.
Karin und Bernd waren schon Hobby-Gärtner, als sie noch in der Platte im Leipziger Stadtteil Grünau lebten. Ihr erstes Gewächshaus stand auf dem Balkon. Mit ihren drei Kindern verbrachten sie später viel Zeit an der Lauer in einem 500 Quadratmeter großen Schreber-Selbstversorger-Garten. Zeitschriften wie die „Landlust“ oder die „GartenFlora“ gehören zur Standard-Lektüre und werden zum Nachblättern sorgfältig archiviert. Von einer Reise zu ihrem 60. Geburtstag in die englischen Gärten auf den britischen Inseln schwärmt die Gärtnersfrau noch heute voller Begeisterung, kam sie doch mit vielen inspirierenden Ideen zurück.
Raritäten entdecken
Im Arboretum entdecke ich besondere Bäume wie eine Gelbkiefer aus Amerika mit Riesenzapfen, einen Mammutbaum und Zedernbäume. Im kleinen Waldhaus am Rande stapeln sich ein paar alte Rollkarten aus Schulzeiten mit Erklärungen zu Flora und Fauna. Vor mir erstreckt sich das verwinkelte Gartenreich, das noch so manche Überraschung bereithält. Zum Beispiel züchten die beiden Carbol-Champignons, die leider nur zauberhaft anzusehen sind. Im Tomatenhaus wird es langsam rot. Und in Nachbarschaft der „Weißen Beete“ mit kleiner Brücke, auf der Deko-Kätzchen hocken, blühen die Strauch- und Ballhortensien in den schönsten Farben. Eine Sichtachse führt direkt zum Sonnenhaus, das von Klärchen am Himmel angestrahlt wird.
Verweile doch, du bist so schön
Überall im Park laden Pavillons, Sitzbänke oder gewöhnliche Plastikgartenstühle zum Verweilen und Schauen ein. Zu sehen gibt’s mehr als genug – kleine Beete in Messing-Badewannen, Kunst-Installationen und liebevolle Dekorationen, aber „keine Gartenzwerge“, betont Karin. Die Rollenverteilung im Garten ist ganz archaisch: Der Mann kümmert sich um die groben Arbeiten wie beispielsweise den Baum- und Heckenschnitt, das Holzhacken und Kompostieren – denn alles bleibt vor Ort – und die selbstgebauten, derzeit 20 Nistkästen für brütende Vögel. Die Frau schafft Ordnung in den Blumenrabatten und Stauden und sorgt für den Feinschliff. „Außerdem bin ich zuständig für eine gesunde Balance zwischen Kitsch und Deko“, plaudert sie mit Blick zur einladenden Gartenpforte.
Panorama-Bild in 360 Grad
Auch in der kalten Jahreszeit wird geschuftet – viele, nicht winterfeste Pflanzen müssen in ein trockenes und warmes Quartier geschleppt werden, Dahlien werden vorgezogen und jeder frostfreie Tag wird genutzt, um die Scholle in Schuss zu halten.
Völlig überwältigt von der Vielfalt, den Farben und Gerüchen verabschiede ich mich von meinen Gastgebern, die mir das Gartentor zu ihrem grünen Paradies ein Stück weit geöffnet haben.
Der Garten ist wunderschön. Nicht zu Tode gepflegt und durchgestylt, sondern natürlich schön gestaltet. Da steckt massiv viel Arbeit, Kreativität und Liebe zum Detail dahinter, Chapeau. Dort kann man sicherlich fantastische Stunden verbringen. Ich wünsche Karin und Bernd Ullmann noch eine tolle Zeit in ihrem kleinen (oder wohl besser großen) Paradies 🙂
Sehr schön, aber “ Unterm Dach (????)“
Die Anlage ist sehr schön, aber geht es nicht langsam am Thema vorbei?
Hallo Emil,
das war sozusagen ein „Special“ zum Thema Blicke übern Gartenzaun zum Nachbarn.
Nächste Woche wird wieder gewohnt – versprochen!
Schönes Wochenende allen
Du und dein Garten oder Du und deine Parkanlage! Wie auch immer.🤔
Viel viel Arbeit! Respekt davor! Viele viele Frösche und viele viele Mücken bei dem vielen Wasser. Viel viel schönes Vogelgezwitscher! Es steckt viel Liebe und Ideenreichtum in diesem Stück Natur.
Alles Gute, Gesundheit und Schaffenskraft an das naturverbundene Ehepaar.
PS: Als Anregung…. Wie wäre es mit einem Gartenblog ( z.B. Unterm Himmel) und einem Wohnblog (Unterm Dach). Dann wäre für Gartenfreunde und für Freunde des Wohnens etwas dabei.
Welch herrliche Wohlfühloase!
Bernd auf der Schaukel sieht aus wie Peter Lustig vom Löwenzahn 🙂
Alles Liebe der Familie Ullman und weiterhin so viel Elan und Geschick und vorallem Gesundheit, diese Idylle noch lange genießen zu können!
Danke, liebe Astrid, für Ihre Anregung.
Die Blicke übern Gartenzaun sind ja eher was für die „schönen Jahreszeiten“… dann hätte ich im Winter vielleicht eine Flaute.
Sonnige Grüße zum Wochenende an alle