Ein Architekt sieht schwarz

Jetzt, kurz vor Pfingsten, wenn wieder Tausende schwarz gekleidete Menschen aus aller Welt zum Wave-Gotik-Treffen (WGT) nach Leipzig schwärmen, ist das auch für Björn (40) eine aufregende Zeit. Denn der gebürtige Lüneburger feiert in diesem Jahr sein 20. Festivaljubiläum. Bis vor zwei Jahren nächtigte der Diplom-Architekt am langen Feiertagswochenende immer auf dem Agra-Zeltplatz, an diesem Wochenende sind es Freunde aus Hamburg, Berlin und Hildesheim, die sich in seiner Zwei-Zimmer-Wohnung im Zentrum-Nordost einquartieren.

Dynamo, Wacken, WGT

Als 16-Jähriger habe er sich mit Festivals infiziert, erzählt der Wahl-Leipziger. Er stand schon damals auf Rock und Metal, kaufte Musikzeitschriften, um sich über Veranstaltungen zu informieren. Mit 18 fuhr er mit seinen Kumpels in die Niederlande zum Dynamo Open Air. „Im gnadenlos überladenen Polo mit nur 45 PS ging es mit einem Zelt, Schlafsäcken und jeder Menge Dosenbier nach Eindhoven… insgesamt drei Mal“, plaudert Björn.

Später pilgerten sie nach Schleswig-Holstein zum Wacken-Open-Air-Musikfestival – und das ganze 14 Mal. Dann suchten die Freunde nach Alternativen. Das Line-up des 1999er-Wave-Gotik-Treffens fand bei allen große Zustimmung und so kamen sie das erste Mal zu viert an die Pleiße. Begeistert von der Atmosphäre in der Messestadt, den Konzerten im kleineren Rahmen und den vielen Gleichgesinnten, mit denen sie überall ins Gespräch kamen, blieb Björn bis heute treuer Anhänger des schwarzen Pfingsten. „Ich fühle mich wie Vater Abraham, nehme die anderen an die Hand und führe sie herum…“, sagt er und schmunzelt.

Lüneburg goes to Leipzig

Seine Leidenschaft für Leipzig hatte er schon in seiner Zeit als Freiberufler in einem Lübecker Architektenbüro hin und wieder geäußert – und mit einem Umzug geliebäugelt. Später arbeitete er als Angestellter und irgendwann schrieb er seine ersten Bewerbungen. Und siehe da – erfolgreich! Mittlerweile ist der Niedersachse als Bauingenieur in einem großen Unternehmen beschäftigt: „Ich habe noch keine Minute bereut, hier gelandet zu sein. Die Stadt ist so schön und spannend“, erklärt der Neu-Leipziger, den es in ein altehrwürdiges Haus nahe der Innenstadt gezogen hat.

Blick ins Schlafzimmer

 

Im zweiten Obergeschoss lebt er in einer ruhigen 90 Quadratmeter großen Wohnung. Als Architekt bevorzuge er gerade Kanten und klare Formen, betont Björn. Das Einrichten hat circa ein dreiviertel Jahr gedauert. „Schwarze Möbel waren vor drei Jahren nicht gerade in Mode, deshalb musste ich viele Online-Läden danach abklappern“. Der große Wohnbereich wirkt wie eine Bibliothek, in der fast 2000 Musik-CDs sowie viele DVDs und Bücher in den meterhohen, schwarzen Regalen stehen. Er habe eine Jäger- und Sammlermentalität, gesteht der Hausbewohner. „Ich stolpere im Internet immer über besondere Musik aller Genre – ob Rock, Metal, Gothic, Mittelalter oder Folk.“
Lediglich die helle Einbauküche in der Ecke sticht hervor. Die dürfe man in der Betrachtung der vier Wände aber gerne vernachlässigen, die sei rein funktional, betont Björn.

 

 

Indirektes Licht, das mittels eines LED-Bandes in der Schattenfuge an der Decke erzeugt wird, schafft einen eindrucksvollen zentralen Raum mit einem XXL-Sofa, einem schwarzen Sideboard, einem gläsernen Esstisch und passenden Lederstühlen. An den Wänden hängen gerahmte Schwarz-Weiß-Kalenderbilder des Leipziger Fotografen Gerd Lehmann, der – nicht nur in der WGT-Szene – wegen seiner ausdrucksstarken Lichtmotive berühmt ist.

Wohnbereich in 360 Grad

 

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