Das singende, klingende Bäumchen

An einem kühlen Sommertag Anfang Juli fahre ich mit dem Auto in Richtung Süden, um für einen Hausbesuch bei Tosca (64), Werner (67) und Hündchen Hidalgo (knapp vier Jahre) vorbeizuschauen. Das Ehepaar wohnt mitten im grünen Speckgürtel von Leipzig – mit einem zauberhaften Garten und einem lebhaften Chihuahua, den sie aus dem Tierheim geholt haben.

Das Häuschen mit kleinem Spitzdach und dem Efeu-Giebel stammt von den Großeltern, die es 1961 mit ihren eigenen Händen Stein auf Stein gebaut haben. Bis in die Neunzigerjahre lebten meine Gastgeber im Osten von Leipzig. Werner war Tänzer an der Oper und Tosca arbeitete als Bürokauffrau. 1997 ging es dann aufs Land für die naturverbundene Familie, die das 500 Quadratmeter große Grundstück gestaltet und modernisiert hat. Die beiden Ü-60-Jährigen wohnen altersgemäß ebenerdig auf circa 80 Quadratmetern.

Hausbesuch

Die Holzverkleidung in der Küche stammt noch von den Eltern, der Granitboden wurde nachträglich verlegt und ist pflegeleicht. Unter den Dachschrägen befinden sich zwei Zimmerchen mit einer Modelleisenbahn, die im Winter wieder ihre Runden dreht, und mit einem großen, von Werner gebauten Schrank für Toscas Kleider sowie ein paar Sportgeräte zum Fitbleiben.

Küchenblick in 360 Grad

Im Jahr 2000 haben sie sich einen Anbau mit Fußbodenheizung gegönnt, in dem das geräumige Wohnzimmer mit dem „grünen Fenster“, wie sie es liebevoll nennen, entstanden ist. Die Butzenscheiben mit den verspielten Jugendstil-Ornamenten wurden nachträglich eingebaut und sind in allen Zimmern wiederzufinden. Gardinen als Sonnenschutz sucht man hier vergeblich, darauf haben die beiden bewusst verzichtet. Dafür grünt und blüht es vor den Fenstern.

In allen Einrichtungsfragen waren sie sich einig, nur bei der Gartengestaltung gab es unterschiedliche Meinungen und Wünsche. „Während mein Mann von einem Bauerngarten träumte, sah ich einen englischen Garten vor mir“, erzählt die gebürtige Leipzigerin. Was daraus geworden ist, lässt sich am Küchentisch mit Blick auf das singende, klingende Bäumchen – eine groß gewachsene Sonnenhut-Pflanze, behängt mit Kristalle und Prismen – nur erahnen. Gegen Mittag machen wir einen kleinen Rundgang durch ihren lebendigen Garten mit Vogeltränken, Futterhäusern und einem Insektenhotel, in dem sich ein geweihter Buddha versteckt.

Mitten im Grünen

Ganz oft sitzen die beiden Bewohner mit dem Hündchen im Schatten der 70 Jahre alten Kirschbäume: „Jetzt sind wir Rentner und genießen es, dass wir uns haben.“ Und auch das Meer aus Magnolien und Rosen, Oleander, Geranien und Clematis, Küchenlorbeer, marokkanischer Minze, Petersilie und Dill möchten sie nicht vermissen. „Das alles hier ist das Produkt unseres Lebens“, sagt Theatermensch Werner und wirft seiner Frau einen zärtlichen Blick zu.

 

3 Gedanken zu „Das singende, klingende Bäumchen“

  1. Ich find´s wunderschön. Innen und außen! Viel Freude noch den Beiden bzw. den Dreien am Leben und ihrem schönen Zuhause!

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