Aus einem Guss

Hausbesuch bei Carsten Kuhn (Foto: Regina Katzer)

Oft tingelt er durchs europäische Ausland, ist häufig auch in Berlin unterwegs, aber in Leipzig fühlt er sich zu Hause. Carsten Kuhn, 55 Jahre, Steinmetz-Meister und Restaurator, wohnt seit zwei Jahren im Stadtteil Leutzsch. Bis vor kurzem lebte er in einem alten Industriebau ganz in der Nähe, Wohnung und Werkstatt waren unter einem Dach vereint. Allerdings vermisste er Nachbarn und urbanes Leben. Sein neues Domizil ist ein 80 Quadratmeter großes Hinterhaus, in dem ich diese Woche zu Gast bin. Der selbstständige Unternehmer arbeitet mit einem ganz besonderen Material: Steinholz.

Oberflächen in Küche und Bad

Steinholz – leichter als Beton

Carsten Kuhn ist gebürtiger Leipziger und stammt aus einer Künstlerfamilie. Die blumigen Malerei-Gemälde seines 2001 verstorbenen Vaters schmücken die heimischen Wände. Seine eigenen Designerstücke – ausgefallene Lampen in Betonoptik – beleuchten das Wohn- und Arbeitszimmer. Hergestellt werden die scheinbaren Schwergewichte in den Farben grau, grün, weiß und blau. In Wirklichkeit sind die Leuchten fast federleicht.

Der Vater zweier erwachsener Töchter erzählt mir von jenem Tag, an dem er beim Restaurieren einer Leutzscher Gründerzeitvilla zufällig auf den Steinholz-Fußbodenbelag gestoßen war. Seitdem lässt ihn das vielseitig einsetzbare und ökologische Naturmaterial, das bereits 1867 vom Physiker Stanislas Sorel erfunden wurde, nicht mehr los. Früher wurden die meist gelben oder rotbraunen Fußböden aus Steinholz als Schiffs- und Eisenbahn-Estrich bezeichnet, und auch in allen Bauhaus-Gebäuden auf der Nordhalbkugel verwendeten die Architekten diesen Baustoff, so Kuhn. Heute beschreitet der Leipziger in Möbelhäusern und in der alten Baumwollspinnerei diesen angenehm begehbaren Belag und auch die Leipziger Autobauer schätzen seine abriebfesten Eigenschaften im BMW-Werk.

Fußwarm und fugenlos

Die Drei-Zimmer-Wohnung im weiß getünchten, eingeschössigen Anbau dient dem Steinmetz als Experimentierfeld. In Absprache mit seinem Vermieter entfernte er die alten, unansehnlichen Teppichböden und verarbeitete den Naturstein in seinen eigenen vier Wänden. Während der eine Fußbodenbelag in Rotbraun gehalten ist, wurde in einem anderen Zimmer Eichenparkett verlegt – mit einem viereckigen schwarz-eingefärbten Herzstück aus Steinholz. Der Belag ist hoch belastbar und äußerst langlebig, versichert Kuhn. In der ehemals gefliesten Toilette hat der Restaurator das Naturmaterial direkt auf den Untergrund gespritzt. Die ebenerdige, fugenlose Regenwalddusche ist so zu einem echten Hingucker in der Wohnung geworden.

Die Steinholz-Oberflächen finden sich auch in der Küche wieder. Hier hat der Restaurator eine Ablage mit dem Material beschichtet, versiegelt und in Blau erstrahlen lassen. Gegenüber vom vierflammigen Gasherd steht ein altes Büffet, das ein Erbstück seiner Großeltern ist. Der kleine selbst gebaute Holztisch mit massiver Platte wurde auch beschichtet und kommt oft auf Messen zum Einsatz. In die Oberfläche des sehr dunklen Fußbodens hat Kuhn kleine weiße Steinchen eingearbeitet. „Der Gestaltung sind keine Grenzen gesetzt“, sagt’s und freut sich schon auf neue Projekte auch außerhalb Europas.

12 Gedanken zu „Aus einem Guss“

  1. Die ganze Wohnung scheint wirklich ein einziges Experimentierfeld zu sein. Möbel aus sämtlichen Epochen und Stilen zusammengemixt. Die Individualität ist unverkennbar und so etwas findet man sicher kein zweites Mal. Hölztöne der verschiedensten Materialien an die man sich erst mal gewöhnen muß und dann noch auf engestem Raum komprimiert. Irgendwie macht die ganze Wohnung den Eindruck eines Sammlers um jeden Preis und ohne genaue Vorgabe. Was kam wurde genutzt. Der Clou ist die „Küchenzeile“. Steckdosen direkt über dem Gasherd und Verkabelung unter der Spüle erscheinen in Bild 6 mehr als abenteuerlich. Ob die fliesenfreie Rückseite wartungsfreundlich ist, darf unter Berücksichtigung der Bilder bezweifelt werden. Mit Frau sähe die Wohnung sicher ganz anders aus. Dem Herrn viel Spaß in seiner Wohnung und Restauratoren müssen so sein, wie ich seinerzeit mehrfach in meiner Berufszeit erleben durfte. Höhepunkt der Wohnung ist aus meiner Sicht der gelbe Aufkleber Eigentum des Volkes auf Bild 10 und 21. Übrigens wurden Steinholzböden früher in Leipziger Wohnungsbau meist nur in Bädern, Küchen und Gemeinschaftswaschräumen im Dachgeschoß als Schutz gegen Oberflächennässe genutzt.

  2. Ich hätte mal ne Anmerkung zu dem Artikel genereller Art: Es wäre schön, wenn Bild- und Textredaktion mal etwas mehr zusammenarbeiten würde und zum Schluss geschaut wird, ob alles zusammen passt. Zum Beispiel wird die „Dusche“ im Text hervorhebend beschrieben aber in den Bildern ist nur ein ziemlich aussageloses Foto von ihr abgebildet. Auch sonst sind die Fotos mau und eher wie direkt aus der Kamara. Nicht mal geschaut, ob fast gleiche Ansichten dargestellt sind. Ich muss echt sagen dass ich enttäuscht bin und weiß aus anderen Artikeln der Serie, dass es viiiel besser geht. Dies ist bestenfalls ein Rohentwurf!

  3. Eine wirklich kreative und sehr besondere Wohnung, mit vielen schönen Einzelstücken. Ich mag solch individuelles Wohnen sehr, auch wenn es nicht meinem persönlichen Geschmack entspricht.
    Von der, im Text beschriebenen, Dusche und Toilette hätte ich mir allerdings auch andere und aussagekräftigere Bilder gewünscht. Diese sehen eher nach Baustelle aus.
    Aber insgesamt ein schöner Beitrag, fernab von schnell zusammengekaufter Ikea-Massenware und „Kunstbildern“ aus dem Möbelhaus.

  4. Für mich eine Ansammlung von Trash und Sperrmüll. Ist diese Wohnung wirklich erwähnenswert? Kenne einen Steinmetz in Berlin, schönes großes Haus, Pool, Musikraum für das Hobby Schlagzeug spielen und und und … inkl. passender Steinmetz-Arbeiten im Garten.

    Geht gar nicht, sorry.

  5. Ein kreativer Geist, ein lebendiger Mensch, eine Wohnung mit unverwechselbarer Note. Nicht jedermanns Geschmack, dafür 100% Herr Kuhn. Wunderbar!

  6. Nochmals ergänzend, aufgrund der Nachfragen, Infos zur Dusche. Solche „Regenwaldduschköpfe“ gibt es in jedem gut sortierten Baumarkt. Ebenerdige Duschen sind nun wirklich nicht mehr der letzte Schrei, aber altersgerecht und haben oft auch ihre Tücken. Der gequetschten Übergang zum Abflußrohr am Geruchsverschluß wird oft durch Haare zugesetzt. Bitte nicht als meckern, sondern leidige praktische Erfahrung bei Mädels mit langem Haar werten. Macht was draus.

  7. Danke für die praktischen Tipps, Friseur Kleinekorte.
    Aus Zwenkau noch nichts Neues. Ich werde ignoriert.

    Schönes weißes Wochenende Ihnen allen
    Regina Katzer

  8. Steinzholzfußboden gab es in Leipzig z B in der Brüderstraße 2-4. Meine Eltern sind dort 1957 eingezogen. Alle Wohnräume und die Küche hatten Steinholzfußboden.

  9. Lieber Sachse,

    danke für die Information. Existieren die Böden in den Wohnungen immer noch?

    Viele Grüße
    Regina Katzer

  10. @ Steffen:
    Die Wohnung eines Künstlers als „Ansammlung von Trash und Sperrmüll“ zu bezeichnen, finde ich respektlos und dumm.
    “ Schönes großes Haus, Pool, Musikraum für das Hobby Schlagzeug spielen und und und…“…..Wer will/ braucht denn so etwas? Sicher nicht repräsentativ für diesen Berufsstand und außerdem dekadent. Downsizing ist angesagt. Weniger Konsum, mehr Nachhaltigkeit.
    Nee Steffen.
    Geht gar nicht, sorry.

  11. Sympathischer Typ. Könnte aus meinem Freundeskreis stammen und das nicht nur, weil das Bücherregal sehr aussagekräftig ist. Einrichtungstechnisch ist es mir zu unentschlossen … Atelier oder Wohnung, ja was denn nun?

  12. Liebevoll bestückt, urig und heimelig schaut es bei Ihnen aus -vielen Dank für diesen Eindruck!

    Schade, dass manch ein Kommentar hier und bei den anderen Potraits voller Gehässigkeit erscheinen.

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