Mein Weg führt mich in dieser Woche in einen Leipziger Stadtteil, nah am Wasser gebaut, Anziehungspunkt für junge Leute und ein Ort, in dem sich meine heutige Gastgeberin seit vier Jahren pudelwohl fühlt. Umgeben von Lilien und Dahlien lerne ich die 23-jährige Carolin kennen. Ihre Erdgeschoss-Wohnung im Leipziger Südwesten hat einen kleinen Balkon, auf dem es grünt und blüht. Die junge Tomatenpflanze hat sich prächtig entwickelt und schon bald kann die Bewohnerin viele rote Früchte ernten. Die scheue Katzen-Lady Mia, die hier vorübergehend Quartier bezogen hat, ist während meines Besuches in den Hinterhof geflüchtet.
Kleider machen Leute
Carolin liebt es, ihre 50 Quadratmeter große Altbauwohnung alle halben Jahre umzuräumen und ihr Zuhause immer mal neu zu erfinden. „Mein jetziges Arbeitszimmer mit dem alten Holztisch aus meiner Kindheit war mal mein Schlafzimmer“, erzählt sie. Um die beiden großen Kleiderschränke zu verrücken, muss sie allerdings die Familie aktivieren, denn die beiden Riesen sind mit Klamotten und Taschen vollgestopft – und natürlich sehr schwer. Zwei Mal im Jahr freuen sich Carolins Cousinen, wenn die Schränke geöffnet und Sachen aussortiert werden, die sie einheimsen.
Vom großen Wohnbereich mit der grauen Mega-Couch wurde eine Küche abgeteilt, in der sie gerne kocht und bäckt. Die Schränke und Geräte hat ihr Onkel freundlicherweise gesponsert, die Küchenmaschine ist ein Geschenk ihrer Mutter. Die anderen Möbel stammen größtenteils aus dem Internet-Auktionshaus oder einem schwedischen Möbel-Giganten, sind von Freunden geliehen oder eingetauscht, der Fake-Kamin sorgt mit einer Lichterkette vor allem in der kalten Jahreszeit für eine angenehme Atmosphäre.
Sonnenbrillen, Stoffe und Nähgarn
„Das einzig wirklich neue an der Wohnung ist das Badezimmer – mit Wanne und modernem Waschbecken“, so die Bewohnerin. Ansonsten schlägt ihr Herz auch für Sonnenbrillen, die im Flur an der Wand drapiert sind. Die Holzbank mit schönen selbstgenähten Sitzkissen hat Caro, die in Franken geborgen wurde, aber an der Pleiße aufwuchs, selber gebaut – für ihre zahlreichen Freunde, die gern zum Chillen vorbeikommen. Zwei Mal im Jahr wird groß gefeiert: Am Männertag treffen sich ihre Mädels zum Schwatzen und zu einer Weihnachtssause schmausen alle gemeinsam.
Als sie vor einigen Jahren eine Nähmaschine von Oma geschenkt bekam, reifte ihr Entschluss, Modedesign zu studieren. „Das war mein Einstieg in die Fashion-Welt“, plaudert Caro. Sie absolviert derzeit das vierte Semester an einer privaten Design-Hochschule und ist seit Wochen mit einer Werkschau beschäftigt, die am 15. Juli 2017 im Leipziger Stadtbad Premiere feiert.
Newlook im Stadtbad
Auf der “Newlook” wird sie alle Hände voll zu tun haben – hinter den Kulissen kleidet sie die Models ein. Am Abend wird dann auf dem Laufsteg auch ihre eigene Kollektion präsentiert. Sie trägt den Namen „World White“ – unschuldig wie die Natur, natürlich wie das Material und nachhaltig für die Zukunft. Carolin träumt von einem Auslandspraktikum in Paris, Mailand oder Hongkong. „Ich war vor fünf Monaten in der chinesischen Metropole zu Gast. Sie hat was von New York, aber mit asiatischem Flair und einem Fashionmarkt, der mich total begeistert hat“, schwärmt die junge Frau.
Bevor sie aber auf Reisen geht, müssen noch einige Schularbeiten erledigt werden. Derzeit arbeitet sie an einer neuen Kollektion der Arbeitskleidung für die Leipziger Konsum-Mitarbeiter, die beim traditionellen Genossenschaftsfest im Herbst gezeigt wird.
Die Stipvisite bei Carolin hat uns super gefallen, denn genauso ist es bei ihr. Caro hat immer tolle Ideen und versteht es auch, diese so umzusetzen, dass man im Ergebnis selbst grosse Freude daran hat. Sie war schon sehr zeitig eigenständig und verstand es stets, ihrem Gedankengut Taten folgen zu lassen. Hervorzuheben sind auch noch ihre Kochkünste, sei es bei einem „Mitbringsel“ zu einer Geburtstagsparty, die leckeren Weihnachtsgaben oder ganz spontan ein Mittagsschmaus für Oma und Opa. Unser Herzenswunsch ist: ein WEITERSO , tolle Erfolge im Studium und im weiteren Leben