Alles nur Beton

Nestbau in der Platte (Foto: Regina Katzer)

Hätte man den beiden vor Jahren erzählt, dass sie irgendwann einmal in der Platte wohnen würden, wäre ihnen nur ein müdes Lächeln übers Gesicht gehuscht. Denn bis zum Sommer 2014 lebte Dietmar, der seinen richtigen Namen weder im Blog noch in der Zeitung lesen will, fast 15 Jahre lang mit seiner Partnerin in einem kleinen citynahen Altbauhäuschen zusammen mit vier Mietparteien. Vor der Haustür ihrer Erdgeschosswohnung gab es neben einem eigenen Bootsanlegesteg reichlich Flora und Fauna – im Schatten der Bäume und Sträucher huschten Iltis, Fuchs und Waschbär durchs Gebüsch.

Als eines Tages der Eigentümer Eigenbedarf anmeldete, flatterte den Bewohnern eine Kündigung in den Briefkasten, die verkündete, dass sie alle innerhalb von sechs Monaten das Quartier verlassen müssen. Fast ein halbes Jahr dauerte die Suche nach neuen vier Wänden für den Mitfünfziger und seine Freundin.
Die gebürtigen Leipziger entschieden sich letztendlich für eine 110 Quadratmeter große Plattenbauwohnung im 2012 kernsanierten Karree einer Wohnungsbaugesellschaft. „Hier sind wir keiner Willkür ausgesetzt, unterliegen einer Mietpreisbindung und alle Räume wurden nach unseren Vorstellungen farbig gestrichen“, so der Hausherr. Kleiner Wermutstropfen beim Umzug: Einen Kater, der in ihrer alten Wohnung immer vorbeischnurrte, musste im alten Revier zurückgelassen werden. Der Freigänger konnte nicht mit umziehen. Er wird aber von den Nachbarn versorgt und manchmal schaut Dietmar bei ihm noch vorbei.


Alles andere als Katerstimmung herrscht in dem 1970er-Jahre-Plattenbau: Den Perspektivwechsel von ganz unten nach ganz oben, vom Erd- ins Dachgeschoss, haben sie nicht bereut. „Wenn wir die knapp 90 Stufen durchs triste Treppenhaus überwunden haben, taucht man in eine andere Welt ab. Es ist ruhig und wahnsinnig hell, hier genießen wir unsere freie Zeit am Wochenende“, schwärmt der Freiberufler schelmisch, der wie seine Lebensgefährtin von morgens bis abends geschäftlich unterwegs ist. Um die liebevolle Balkon- und Terrassengestaltung kümmert sich die Hausherrin, für technische Belange ist der Mann zuständig und Einrichtungsfragen werden gemeinsam geklärt.

Rundumblick im Badezimmer


Die meisten Möbelstücke stammen aus der alten Wohnung, die allerdings nur eine schmale Küche hatte. Im neuen Domizil steht der Esstisch im offenen Küchenbereich, wo vor allem am Abend gebrutzelt wird. Das großzügige Tageslichtbad mit Dusche, Badewanne und zwei Waschbecken ist eine Wohlfühloase. Da bekäme man gleich nach dem Aufstehen gute Laune, versichert mir Dietmar. Das geräumige Wohnzimmer hat klare Linien, ist nicht überdekoriert und die apricotfarbene Wand mit den Tulpenbildern setzt einen warmen Akzent zur schwarzen Ledercouch. Herrlich sind auch die fantastischen Ausblicke auf die Stadt ringsherum.

11 Gedanken zu „Alles nur Beton“

  1. Freut mich für die beiden, dass sie trotzdem so ein schönes, neues Zuhause gefunden haben.

  2. …die Sanierung scheint wirklich gelungen. Schöne Balkone für eine Platte. Auch das Bad.

  3. Soll man jetzt noch bravo klatschen, dass die Leute, denen einst die Platte zu schäbig war, ach doch jetzt warm untergekrochen sind? Zumal eine recht einfallslose Wohnung, leider. Wo ist da irgendwelches Leben? Wie fühlen sich Menschen da wohl?

  4. Tristes Treppenhaus? Neh ne? Platte als Höhepunkt des eigenen Wohnens, wo das Denken und Handeln an der Tür endet 😀 Sterile Wohnung für Lebensabschnittsgefährten im Wochenendmodus. Bild 13 ist der Knüller.

  5. Sehr schöne Wohnung; schön eingerichtet; sauber; freundlich; aufgeräumt; ordentlich; modern..; mit Platz zum „laufen“; nichts voll gestellt… Ich kann nicht verstehen, wie man diese Wohnung langweilig und steril finden kann. Hier liegt nix rum; hier ist kein Tinnef zu sehen.. In diesem Blog wurden schon völlig verspielte und alterniv-grenzwertige Wohnungen gezeigt, mit Paletten als Tische; alten Flohmarktmöbel – nicht als Einzelstück – sondern als Haupteinrichtung, mit Schildchen an den Wänden, die die Verwendung der Räume erläutern sollen…; alles voll gestellt und möhlig; denen die heutige Masse hinterher sabbert..Da hebt sich mir die Kopfhaut, wenn ich das sehe, geschweige denn dort wohnen müsste… Ich wünsche den Bewohnern dieser Wohnung, dass sie sich wohlfühlen, in ihrer tollen neu sanierten Plattenwohnung ! Prima!

  6. Langweiliges Leben – langweilige Wohnung in der Platte – Katalog IKEA laesst gruessen! Atmosphaere sieht anders aus. Kein Wunder daher, dass er seinen richtigen Namen nicht lesen will, andererseits aber auch nicht auf Publicity verzichten kann und will – muss bei der Stadt oder Medien arbeiten?

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